Der braune Rasen

Deutsche Neonazis wollen bei der Partie Deutschland gegen Polen in Dortmund „Präsenz zeigen“

DORTMUND taz ■ Neonazis im Ruhrgebiet wollen die Weltmeisterschaft für ihre Zwecke nutzen – und hoffen auf Unterstützung ihrer ausländischen „Kameraden“. Das Spiel Deutschland gegen Polen am 14. Juni in Dortmund hat dabei eine besondere Bedeutung. Auch wenn es wohl nicht zu Gewalt kommen wird, rechnen der Verfassungsschutz NRW und die Polizei mit offenen Provokationen – und wollen hart durchgreifen.

„Wir wollen definitiv bei der WM Präsenz zeigen“, kündigt der bekannte Neonazi Dennis Giemsch aus Dortmund an. In welcher Form – darüber will er sich nicht äußern. Die rechtsextreme Szene in der Ruhrmetropole wird in letzter Zeit immer stärker. Doch nicht nur deutsche Neonazis scheinen sich auf die Fußball-Weltmeisterschaft vorzubereiten: „Unter den Fans sind viele Kameraden aus anderen Ländern“, sagt Axel Reitz vom Kampfbund Deutscher Sozialisten. Der so genannte „Hitler von Köln“ bestätigt, dass Rechtsextreme aus Portugal, Italien, England und Spanien ihren Besuch schon angemeldet haben. „Dann wollen wir zeigen, dass auch wir zu feiern verstehen“, sagt der kürzlich wegen Volksverhetzung verurteilte Reitz.

In der Tat könne die Weltmeisterschaft zur Bühne brauner Aktivitäten werden, wie Dagmar Pelzer, Sprecherin des Verfassungsschutz NRW, erklärt. „Wir rechnen gerade wegen der Anwesenheit zahlreicher ausländischer Medien damit, dass Rechtsextremisten versuchen werden, die WM als Plattform für die Verbreitung ihrer Ideologien zu nutzen“, sagt sie. Dabei können die deutschen Nazis wohl auch auf „Unterstützung“ aus dem Ausland hoffen: Es sei davon auszugehen, dass anreisende ausländische Hooligans auch rechtsextremistisch seien – in einschlägigen Internetforen sei die WM Thema. „Starkes Interesse findet dabei das Spiel Deutschland gegen Polen, dem die Hooliganszene eine besondere Bedeutung beimisst“, erklärt Pelzer.

„Ausschreitungen beim Spiel in Dortmund sind unwahrscheinlich – es wird zuviel Polizei vor Ort sein“, sagt jedoch Jacek Purski, Sprecher der polnischen Fan-Initiative „Nigdy Wiecey“ (Nie Wieder). Seine Organisation geht gegen Rassismus im Fußball vor. Doch auch wenn es nicht zu Gewalt kommen werde, gäbe es bei der Partie genügend Zündstoff: In polnischen Stadien sei Ausländerfeindlichkeit ein großes Problem, es gebe eine starke rechte Szene. „Die ist natürlich daran interessiert, während der WM ihre braune Botschaft zu verbreiten“, sagt er. „Ich befürchte, dass es zu Provokationen kommen wird – das könnten Rufe, Banner, Transparente sein.“

Die Dortmunder Staatsanwaltschaft will gegen Rechtsextreme vorgehen, die auf diese Weise die Öffentlichkeit für sich nutzen wollen: „T-Shirts und Fahnen mit Nazi-Symbolen werden beschlagnahmt“, sagt Oberstaatsanwältin Ina Holznagel. „Wenn wir es mit unbelehrbaren Tätern zu tun haben, müssen sie damit rechnen, auch für längere Zeit in Gewahrsam zu kommen.“ Geldstrafen von mehreren hundert Euro seien möglich.

Trotz der angedrohten Strafen rechnet Konrad Freiberg, Vorsitzender der Polizei-Gewerkschaft, ganz ausdrücklich damit, dass während der WM Nazi-Embleme als Provokation gezeigt werden. Aber gerade in Deutschland werde man solches Verhalten nicht dulden: „Wir haben eine Geschichte, wir haben Überzeugungen – da sind wir ganz sensibel.“ Daher werde die Polizei auch mit Null-Tolleranz gegen Nazis vorgehen. „Wir werden ganz knallhart eingreifen: Leute, die auf diese Weise provozieren, können sich die WM abschminken – sie werden dann nicht mehr dran teilnehmen. Sie kommen in Polizeiobhut, dann ist Schluss mit Fußball.“

SIMON BÜCKLE