„600 Millionen Euro im Jahr sind zu viel“

Der Ausstieg aus der Steinkohlesubventionierung muss jetzt vereinbart werden, sagt der Grüne Reiner Priggen

taz: Herr Priggen, das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung in Essen fordert den Ausstieg aus den Kohlesubventionen. Zu Recht?

Reiner Priggen: Eindeutig ja. Subventionierung bietet keine wirtschaftliche Perspektive. Es wäre das sinnvollste, jetzt den Ausstieg aus der Steinkohle zu vereinbaren, damit alle in der Kohle Beschäftigten wissen, was auf sie zukommt. Da hat das RWI völlig Recht.

Was soll dann aus den Beschäftigten werden?

Es gibt eine Zusage aller Landtagsparteien, dass niemand arbeitslos wird. Die Menschen können entweder in Frühverrentung gehen oder werden qualifiziert und in andere Betriebe vermittelt. Insofern ist die soziale Perspektive für die heute Beschäftigten klar. Aber natürlich sind die Arbeitsplätze auf Dauer verloren. Das geht jedoch gar nicht anders: Der Bergbau kostet das Land über 600 Millionen Euro pro Jahr – das ist nicht durchzuhalten. Es ist auch gegenüber anderen Branchen nicht zu verantworten.

Wofür würden Sie das Geld stattdessen ausgeben wollen?

Im Moment machen wir Schulden, um den Bergbau zu finanzieren. Das muss aufhören. Wenn es geht, kann man dann mit Hilfe des Bundes Strukturprogramme für die betroffenen Regionen durchführen.

Das RWI argumentiert, Versorgungssicherheit sei keine Aufgabe des Staates. Das ist doch weltfremd, oder?

Da habe ich das RWI anders verstanden. Natürlich ist der Staat in der Verantwortung, Versorgungssicherheit herzustellen. Aber bei der Steinkohle drohen – anders als bei Öl und Gas – keine Versorgungsengpässe. In vielen Ländern wird Kohle im Tagebau gefördert zu Kosten, die weit unter den deutschen liegen.

Mit Ihren Positionen sind Sie CDU und FDP näher als Gewerkschaften und SPD.

Das ist ja nicht schlimm, wenn es in der Sache gerechtfertigt ist.

DGB-Chef Guntram Schneider fordert, dem RWI die Gelder zu streichen. Das RWI ist ja auch, wie die Kohle, hoch subventioniert.

Das ist ein eher dümmliches Verhalten, Zensurmaßnahmen zu fordern, nur weil das RWI Dinge sagt, die einem nicht passen. Der DGB-Vorsitzende tut sich durch eine derartig unqualifizierte Position keinen Gefallen. INTERVIEW: DIRK ECKERT