Besser essen nur für Auserwählte

Filetsteaks für die einen, Klopse für die anderen: Das Bonner Uniklinikum will eine Speisekarte für Privatpatienten einführen. Kassenpatienten dürfen das Luxusessen natürlich auch genießen – wenn sie dafür extra bezahlen

BONN taz ■ Kassenpatienten werden im Uniklinikum Bonn bald dumm aus der Bettwäsche gucken. Während sie weiterhin Königsberger Klopse oder halbe Hähnchen mampfen dürfen, bekommen die Privatpatienten im Nachbarbett unter anderem zarte Filetsteaks mit Kräuterbutter kredenzt. Der Grund: Die für das Patientenessen zuständige Verpflegungs- und Versorgungs-GmbH (VuV) will „so bald wie möglich“ eine Speisekarte für Privatpatienten einführen. Das bestätigte VuV-Geschäftsführerin Christine Weber-Hundhausen der taz.

Über das Konzept wollte Weber-Hundhausen jedoch nichts sagen. „Ich bin nicht willens, derzeit darüber zu sprechen“, so die VuV-Chefin. Nur so viel: Man wolle dieses „Wahlleistungsmerkmal“ anbieten, ein entsprechender Beschluss des Klinikvorstandes liege aber noch nicht vor. Und dass es sich um ein Angebot nur für privat Versicherte handle, sei nicht ganz richtig: „Das Angebot ist für alle da.“ Gesetzlich Versicherte könnten sich entweder zusatzversichern oder das Essen aus eigener Tasche bezahlen, um vom neuen Service zu profitieren. „Kassenpatienten gehen ja auch ins Restaurant.“

„Wenn die private Krankenversicherung eine solche Luxusleistung finanziert, ist eine Grenze überschritten“, sagt Ingo Kailuweit, Vorstandvorsitzender der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH). Er halte von dem Angebot gar nichts. Hier werde versucht, zusätzliche Attraktivität zu erzeugen, die letztlich von allen Versicherten mitgetragen werde. Würden alle Patienten – nicht nur die gesetzlich Versicherten – die Steaks wie im Restaurant selbst finanzieren, wäre das in Ordnung. „Dann kann das Krankenhaus ganz normal in Wettbewerb treten“, so Kailuweit zur taz.

Sabine Erbar sieht das anders. „Wenn ein Privatpatient einen abgespeckten Vertrag abgeschlossen hat, trägt er die Sonderleistungen der anderen nicht mit“, sagt die Pressereferentin des Verbandes der privaten Krankenversicherung (PKV). Ein besseres Menu sei Bestandteil der so genannten Wahlleistung Unterkunft. Diese könne von den Versicherten dazu gebucht werden. Oder auch nicht. Daher sieht Erbar keine Benachteiligung der Kassenpatienten: „Jeder Privatversicherte muss ja auch für das bessere Menu bezahlen.“ Auch in anderen Krankenkassen können Privatpatienten zuweilen zwischen mehreren Gerichten wählen. Dass separate Speisekarten angeboten würden, sei allerdings nicht Usus, so Erbar.

Bekannt ist hingegen, dass Kassenpatienten zuweilen das Nachsehen haben: Sie sitzen in gesonderten Wartezimmern, müssen auf ihre Behandlung länger warten oder Mineralwasser in Krankenhäusern bezahlen, während Privatpatienten Wasser ohne Aufschlag bekommen. Ob ungerecht oder nicht – die Frage sei: „Brauchen wir eine Einheitskasse?“, sagt Ellen von Itter, Pressesprecherin der AOK Rheinland.

Eine Stellungnahme des Vorstands der Uniklinik war bis dato nicht zu bekommen. Nach taz-Informationen soll die Einführung der Speisekarte für Private dort schon abgesegnet worden sein. BORIS R. ROSENKRANZ