Hamburg strahlt hellblau

Der erste WM-Spieltag in Hamburg hinterlässt in jeder Hinsicht einen exzellenten Eindruck – sportlich wie feierlich. Fans der Elfenbeinküste und Argentiniens feiern gemeinsam auf der Trabrennbahn

Von Oke Göttlich

Wer es nicht glauben mag, dem sei es hiermit gesagt: Die WM ist keine Hochsicherheitsveranstaltung. Nach vielen Geschichten um und über die werbefreie Sperrzone im Kilometerradius um die Stadien mit vorgezogenen Eintrittskontrollen, kann man nach dem ersten Spiel glücklicherweise festhalten, dass der Zugang bis vor die Eingangstore jedem frei steht. Vor dem Spiel sieht man dort die eindrucksvollsten Bilder dieser WM: Schlaf oder anders trunkenen Fans aus aller Welt stehen hier die Strapazen ins Gesicht geschrieben, die sie auf sich genommen haben, um die Spiele ihrer Teams erleben zu dürfen. Wenn sie denn Karten bekommen haben. Doch selbst aus Argentinien angereiste Fans ohne Karten konnten mit Glück vor dem Stadion noch welche ergattern. Doch um Hoffnungen voreiliger Kartenjäger gleich zu dämpfen – es gab auch viele traurige Gesichter. Ein krasser Kontrast dazu sind die Zuschauerkonvois der Sponsoren. Sie werden wie Zoobesucher, denen ein wenig gelebter, internationaler Fanenthusiasmus vorgeführt wird, ins Stadion eskortiert.

Diese vergnügten sich, egal ob aus der Elfenbeinküste oder Argentinien, gemeinsam bis in die frühen Morgenstunden bei einer rauschenden ivorischen Party. Nach der 1:2-Niederlage der Afrikaner zogen 3.000 argentinische Fans ins ivorische Dorf auf der Trabrennbahn in Bahrenfeld. Dort wurden sie von rund 500 Ivorern empfangen, die auf dem Pferdesport-Areal einen landestypischen Markt präsentierten.

Bei argentinischem Bier, das in einem Brauerei-Truck angeliefert wurde, und gegrillter Wurst aus dem südamerikanischen Land fanden die Ivorer Trost für die Auftaktniederlage. Auch Clotilde und Albert Drogba, die Eltern von Stürmerstar Didier Drogba, waren dabei. Sie hatten das Spiel auf der Trabrennbahn im Fernsehen verfolgt. Vor der Partie hatte der Premierminister der Elfenbeinküste, Charles Konan Banny, seine Landsleute in Bahrenfeld besucht.

Im Stadion konnte man nicht nur das bisher beste Spiel dieser WM bewundern, sondern auch eine Stimmung, wie sie bisher nicht häufig in den Arenen zu hören war. Hellblaue und weiße Transparente sowie gemalte Portraits des ebenfalls anwesenden Diego Maradona begleiteten die Argentinier wie bei einem Heimspiel. Das begeisterte selbst Argentiniens Trainer José Pekerman: „Wir haben uns vor so vielen argentinischen Zuschauern wie zu Hause gefühlt. Und ich möchte Diego danke sagen für seine Unterstützung.“

Der tanzte, ballte die „Hand Gottes“ wie vor 20 Jahren und kämpfte ergriffen mit den Tränen. Mit dem 2:1 gegen die starke Elfenbeinküste hat der zweimalige Weltmeister Argentinien vor den Augen des begeisterten Fußball-Idols Maradona bereits zum WM-Auftakt den Grundstein für das Erreichen des Achtelfinales gelegt. Vor der Partie war der frühere Mittelfeldstar in die Kabine gekommen und hatte allen Beteiligten Mut gemacht. „Ich bin überzeugt, dass Ihr alles geben werdet. Ihr seid echte Phänomene und werdet uns nicht enttäuschen“, sagte Maradona laut einer Mitteilung des argentinischen Verbandes AFA. Anschließend fieberte er, in ein himmelblau-weißes Nationaltrikot mit der Nummer 10 gehüllt, gemeinsam mit seiner Tochter Giannina und Ex-Frau Claudia auf der Tribüne mit. „Ein Fest in Hellblau und Weiß“, schrieb die argentinische Zeitung La Nación auch angesichts der 6.000 bis 8.000 lautstarken argentinischen Fans. „Ich bin sehr bewegt, weil so viele Argentinier hier waren. Ich habe eine besondere Energie auf dem Platz verspürt“, meinte Kapitän Juan Pablo Sorin pathetisch.

Die Trauer der „Elefanten“, wie das Team der Elfenbeinküste genannt wird legte sich schnell. Die eigens angereiste Band stimmte gleich nach Spielende mit ebenfalls anwesenden Mexikanern in ein gemeinsam vorgetragenes „México, México“ ein – in Anlehnung an die gemeinsamen Landesfarben.