Arthur Boka träumt weiter

Die Elfenbeinküste verliert den WM-Auftakt mit 1:2 gegen ein abgeklärtes Argentinien, hält sich aber nicht lange mit dem Grämen auf und glaubt erkannt zu haben, wie man bei einer WM zu spielen hat

AUS HAMBURGANDREAS RÜTTENAUER

Er hat gerade ein Spiel verloren. Er hat gut gespielt. Sein Name ist nach dem Spiel gegen Argentinien ein wenig bekannter in der weiten Fußballwelt. Arthur Boka ist 23 Jahre alt und Linksverteidiger in der Nationalmannschaft der Elfenbeinküste. Seit er fünf Jahre alt ist, träumt er davon, als Spieler bei einer Weltmeisterschaft dabei zu sein. Das, so sagt er, könne ihm nun niemand mehr nehmen. Einen Moment zuvor war Boka noch mit hängenden Schultern durch die Mixed Zone marschiert, niedergeschlagen ob einer 1:2-Niederlage gegen Argentinien. Dann aber erinnert er sich an seine Jugendträume, und aus der Trauer über eine unnötige Niederlage wird schnell wieder Stolz.

Mit stolzgeschwellter Brust waren die Ivorer in die Hamburger Arena eingelaufen. Beinahe jedem Spieler war schon nach wenigen Minuten anzumerken, dass sie Großes vorhatten in ihrem allerersten WM-Spiel. Vor allem Boka verblüffte seine Gegenspieler zu Beginn immer wieder mit seinen kraftvollen Vorstößen. Aber auch seine Mitspieler legten das an den Tag, was man getrost Spielfreude nennen darf. Am Ende aber standen die Ivorer mit leeren Händen da. „Ich glaube, wir haben ein wenig naiv gespielt“, lautete Bokas Fazit.

Das neutrale Publikum in Hamburg jedenfalls hat sich gefreut über das forsche Auftreten der Elfenbeinküste. Vor und nach dem Führungstreffer von Hernan Crespo (24.) erspielte sich die Mannschaft von Trainer Henry Michel Chance um Chance. Die Arbeit nach hinten wurde dabei sträflich vernachlässigt. „Es ist schade, dass wir keine gute Verteidigung hatten“, meinte Didier Drogba nach der Partie und wollte sich nicht so recht freuen über seinen ersten WM-Treffer zum 1:2-Anschluss (82.). Das 2:0 der Argentinier, das Javier Saviola nach einem Traumpass von Juan Riquelme erzielte, fiel in eine Drangperiode der Ivorer, deren Spiel in diesen Momenten zwar schön aussah, aber recht leichtsinnig vorgetragen wurde. Ohne allzu viel Schweiß vergossen zu haben, führte Argentinien mit 2:0. Der auch nach dem Spiel immer noch nervös und angespannt wirkende Trainer des Siegerteams, José Pekerman, brachte es auf den Punkt: „Wir haben verteidigt, wenn wir verteidigen mussten. Und wir haben unsere Chancen genutzt, wenn sie sich geboten haben.“

So einfach war das also. Und Hernan Crespo erzählte auf dem Weg zum Mannschaftsbus jedem, der es hören wollte, wie toll doch sein Tor war und welch wichtiger Spieler er doch ist. „Unser Spiel ist davon abhängig, ob ich zur richtigen Zeit am richtigen Ort stehe, um meine Chancen zu nutzen. Und das habe ich gemacht.“ Auch für ihn war alles ganz leicht. Juan Riquelme machte sich nach dem Spiel ebenfalls keine großen Gedanken. Wie er mit dem Druck, der auf ihm als Spielmacher gelastet habe, zurechtgekommen sei, wurde er gefragt. „Ach, das ist doch alles nur ein Spiel“, sagte er, „und das haben wir verdient gewonnen.“ Ganz cool gaben sich die Argentinier nach einem Sieg und vermieden es, sich allzu viele Gedanken zu machen über dessen doch etwas glückliches Zustandekommen.

„Argentinien hat getroffen, wenn es treffen musste“, erkannte Drogba, „wir eben nicht.“ Seine jungen Mitspieler seien noch nicht so weit. Auch sein Trainer hat mit der Unerfahrenheit der Mannschaft die Niederlage begründet. „Dafür haben wir einen hohen Preis bezahlt“, meinte Trainer Henry Michel, der „nicht wütend, aber enttäuscht“ war.

Arthur Boka glaubt nun: „Aus dieser Niederlage können wir nur lernen“. Und zwar: Wie man bei einer WM eigentlich zu spielen hat. „In der zweiten Halbzeit haben wir gezeigt, wie es geht“, sagte er. Da griffen die Ivorer nicht mehr ganz so ungestüm an. Das gefiel zwar den Fans und dem neutralen Publikum, das sich vor der Pause entschieden hatte, die Elfenbeinküste anzufeuern, nicht so recht. Ihrem Trainer dafür umso mehr. Denn endlich funktionierte die Verteidigung. Das sollte der Mannschaft Hoffnung geben für das nächste Spiel am kommenden Freitag gegen die Niederlande. Boka glaubt an die Chance: „Jetzt sind wir noch motivierter.“ Dabei hat es an fehlender Einstellung nun wirklich nicht gelegen, dass die Traumreise des Arthur Boka mit einer Niederlage begonnen hat.