Norwegen-Happen

Heuschrecken in Oslo? Das Investorenkonsortium um David Montgomery steht angeblich vor dem Kauf des Medienkonzerns Orkla-Media

Gesamtbetriebsrat Gardel: „Montgomery ist nicht willkommen. Da spreche ich für alle Mitarbeitergruppen“

Aus Stockholm Reinhard Wolff

Der britische Medienmogul David Montgomery setzt seine Einkaufstour fort. Nach dem Kauf des Berliner Verlags (u. a. Berliner Zeitung, Kurier) und der Hamburger Morgenpost will er offenbar mit seinem Investitionsfonds Mecom die norwegische Orkla-Media übernehmen. Die ist mit Zeitungen, Zeitschriften und Internetangeboten außer in Norwegen auch in Dänemark, Polen, Litauen, der Ukraine und Deutschland vertreten. Ein Happen, für den er angeblich rund 1 Milliarde Euro hinblättern will. Nur letzte Finanzierungsfragen scheinen noch klärungsbedürftig zu sein.

Eine Hand voll Interessenten haben sich um die seit mehreren Monaten zum Verkauf stehende Orkla-Media bemüht. Die Meldung, dass Montgomery als einziger übrig geblieben ist, kommt aus dem dänischen Berlingske-Verlagshaus, das ebenfalls zu Orkla-Media gehört. Hier wusste die Kopenhagener Berlingske Tidende am Wochenende von einem vertraulichen Treffen von Montgomery-Vertretern mit dem eigenen Verlag, Orkla, sowie deren finanziellem Ratgeber, der Deutschen Bank, zu berichten.

Die Beteiligten selbst verweigerten jede Stellungnahme. Doch laut Berlingske Tidende steht der Verkauf „unmittelbar bevor“. Uffe Gardel, Gesamtbetriebsrat aller dänischen Beschäftigten von Orkla-Media, macht keinen Hehl daraus, was er von Montgomery als möglichem neuen Eigentümer hält: „Er ist nicht willkommen. Und da spreche ich für alle Mitarbeitergruppen.“

Im November letzten Jahres hatte der Lebensmittelkonzern Orkla überraschend angekündigt, sich von seiner Medientochter trennen zu wollen. Nur einige Wochen vorher war man als ernsthafter – und bei der dortigen Redaktion gern gesehener – Interessent für die Übernahme der Berliner Zeitung gehandelt worden, wurde dabei aber just von Montgomery ausgestochen. Den Wunsch, sich von seinem Medienengagement zu trennen, begründete man mit der „Bereinigung“ der Konzernaktivitäten.

Zum Zeitungsgeschäft war man bei Orkla in den 1980er-Jahren eher zufällig gekommen, als man einige norwegische Regionalblätter vorwiegend als Geldanlage aufkaufte. Nachdem man damit ein recht glückliches Händchen bewies, startete man 1990 sein erstes ausländisches Engagement in Polen. Hier hält man die Mehrheit an der Warschauer Rzeczpospolita und ist an zwölf Regionalzeitungen beteiligt. Das östliche Standbein wurde dann mit der größten litauischen Regionalzeitung, Kauno Diena, und Vysokyj Zamok in der Ukraine weiter verstärkt.

Vor sechs Jahren schlug man auf dem dänischen Markt zu. Dort war der bisherige Großeigentümer seines kränkelnden Presse-Imperiums Det Berlingske Hus überdrüssig geworden. Dieser Happen, der größte Verlag des Landes, war zu groß für die dänische Konkurrenz. Und nach Befürchtungen, dass man etwa Murdoch oder Springer auf den Hals bekommen würde, galt Orkla bei Belegschaften und Gewerkschaften, Kartellbehörde und Politik als das kleinere Übel.

Orkla gehören in Dänemark mit BT und Berlingske Tidende die größte Boulevard- und zweitgrößte überregionale Zeitung, eine Gratistageszeitung und ein ganzer Strauß weiterer Regional- und Lokalzeitungen. Die Netzeitung ist das einzige Engagement in Deutschland. Orkla-Media setzt rund 1 Milliarde Euro im Jahr um und beschäftigt etwa 6.700 Personen.

Die beinharte Konkurrenz auf dem polnischen Zeitungsmarkt und ein – aufgrund des Starts eines neuen Gratistageszeitungskonzepts im Spätsommer – erwarteter Zeitungskrieg in Dänemark sollen laut norwegischer Pressemeldungen den Preis Orkla-Medias bereits um ein Zehntel gegenüber dem zu Jahresbeginn gehandelten gedrückt haben. Deshalb scheint man es bei Orkla nun eilig zu haben – ganz entgegengesetzt zu bisherigen Ankündigungen der Konzernspitze, sich beim Verkauf der Medientochter Zeit zu lassen und publizistischen Kriterien hohen Rang einzuräumen. Gesamtbetriebsrat Uffe Gardel: „Kommt der Verkauf an Mecom, hat Orkla jede Glaubwürdigkeit verloren.“