Walter Nussel, Bürgermeister von Trittau
: Kein Revoluzzer

■ seit 1983 in der Gemeindevertretung Trittau. Er ist seit 33 Jahren verheiratet und hat zwei KinderFoto: Gemeinde

„Kennen Sie mich?“, fragte Walter Nussel , Bürgermeister von Trittau (parteilos), vor zwei Tagen den schleswig-holsteinischen Innenminister Klaus Schlie (CDU), als die beiden zufällig am Eingang des Kaltenkirchener Rathaussaals aufeinander trafen. „Natürlich“, antwortet Schlie. „Sie haben in der Zeitung über das Innenministerium geschimpft.“ Das Innenministerium messe mit zweierlei Maß, stand dort.

Seit 2002 ist der 60-jährige Hardrock-Fan Bürgermeister in Trittau. In dieser Woche bekam er Post vom Innenministerium Schleswig-Holstein wegen des Verdachts auf Untreue. Ein Strafverfahren drohte.

Nussel ärgert das. Seit über 30 Jahren finanziert die Kommune die Ausbildung für drei Patenkinder in Indien. 800 Euro jährlich gehen an die „Kindernothilfe“ in Duisburg, die das Geld dann nach Indien weiterleitet. Das Grundgesetz aber verbiete den Kommunen karitatives Engagement im Ausland, so der Vorwurf des Innenministeriums. Die Patenschaft gelte als Außenbeziehung, und die sei Sache des Bundes.

Nussel findet den Vorwurf „überzogen“. Jeder Kommune seien so genannte Stadtpartnerschaften ins Ausland gestattet. „Das ist doch auch eine Außenbeziehung. Ich sehe da keinen Unterschied.“

Vier Jahre noch läuft seine Amtszeit und er freut sich darauf, obwohl es manchmal Kritik aus der Bevölkerung gibt: Mit dem Plan, ein Nahversorgungszentrum in Trittau zu bauen, wolle er sich ein Denkmal setzen, heißt es. „Das ist Blödsinn“, weist der Bürgermeister die Vorwürfe zurück.

Oft arbeitet er 16 Stunden am Tag und manchmal gibt’s Ärger dafür mit der Ehefrau. Zur Ruhe kommt Nussel dann, wenn er Briefe von Rilke liest. „Die Briefbände sind so eine Art Lebenshilfe für mich. Rilke ist eigentümlich, das mag ich an ihm.“

Gegen den Untreue-Vorwurf wird Nussel Widerspruch erheben. Denn gefallen lassen möchte er sich das nicht. „Ich bin kein Revoluzzer, aber bedrohen lasse ich mich nicht.“ ANNE BAUMANN