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: Reis und Bohnen und multilinguales Fluchen

Alle gucken Fußball. Die taz auch. Bis zum Ende der WM berichten wir täglich live von den Berliner Spielplätzen. Heute: Portugal – Angola im Statthaus Böcklerpark:

Die Farben Schwarz und Rot (ohne Gold!) dürften dem taz-Leser vertraut sein. Einigen klingelt vielleicht sogar der Scherben-Klassiker in den Ohren. Im WM-Kosmos aber ist alles anders. Schwarz-Rot sind die Farben der Angola-Fans.

Über 1.000 Angolaner leben in Berlin. Und scheinbar alle versammeln sich im idyllisch gelegenen Kreuzberger Statthaus Böcklerpark, um die erste WM-Teilnahme der Südwestafrikaner zu zelebrieren. Ausgerechnet die ehemaligen Kolonialherren aus Portugal sind der erste Kontrahent Angolas. Da geht es natürlich zur Sache. Jeden Befreiungsschlag, jeden gehaltene Torschuss des Außenseiters bejubeln die Schwarz-Roten im multikulturellen Freizeitzentrum. Zwei Fallrückzieher sorgen für Ekstase.

Der Festsaal ist mit Tribünen bestückt. Zwar ist es angenehm voll, aber alle finden Platz. Eine Großbildleinwand liefert scharfe Bilder – aber leise Töne, die gehen in dem Lärm völlig unter. Es herrscht Stadionatmosphäre. Alle hadern und hoffen mit dem Underdog. Erst die Halbzeitpause bietet Erholung. Draußen vor dem Statthaus gibt es Bohnen, Reis und gebratene Bananen. Der Erlös geht an die Minha-Casa-Kinderdörfer. Dazu portugiesisches Sagres-Bier. Die Preise sind angenehm unter dem WM-Niveau.

Und weiter geht’s: Forca Angola! Auch die zweite Halbzeit wird beherrscht von multilingualen Zwischenrufen. Auf Deutsch, Portugiesisch und Kreolisch werden die versiebten Torchancen bestöhnt. Zwischendurch wird die Flagge mit dem seltsamen Emblem gewedelt – golden leuchtet die afrikanische Version von Hammer und Sichel: eine Machete, ein Stern und ein Zahnrad. Alles zusammen soll die Kraft der Arbeiter symbolisieren.

An kaum einem anderen Ort in Berlin lässt sich wohl so afrikanisch-ausgelassen feiern wie im Statthaus Böcklerpark – selbst wenn das von der Mehrheit favorisierte Team verliert. Am Freitag steht das nächste Angola-Spiel auf dem WM-Spielplan. Gruppengegner ist dann Mexiko. Das Team aus Mittelamerika ist der klare Favorit. Doch die Ansage im Statthaus Böcklerpark ist genauso klar: zehn Stunden Fest und Kulturprogramm. Fußball wird übrigens auch wieder geguckt. Forca Angola! Markus Fiebig

Statthaus Böcklerpark (Prinzenstr. 1). 16. Juni, 21 Uhr: Mexiko – Angola auf Großleinwand. Kultur- und Kinderprogramm von 19 bis 5 Uhr. Eintritt frei