Die Nachhaltigkeit geht zu oft baden

ÜBERFISCHUNG Greenpeace hat das Fischsortiment in Supermärkten getestet. Das Ergebnis: mangelhaft

BERLIN taz | Über drei Viertel aller Fischprodukte stammen nicht aus nachhaltiger Fischerei und Aquakultur. Dies hat die Umweltschutzorganisation Greenpeace in einer am Montag veröffentlichten Studie festgestellt. In bundesweit 91 Filialen des Lebensmitteleinzelhandels wurde dabei das Fischsortiment untersucht. Die rund 15.000 Produkte umfassende Stichprobe zeigt zwar Verbesserungen: Aktuell stammen 22 Prozent des Angebots aus nachhaltigem Fischfang – 2010 waren es nur 16 Prozent. Doch das reicht nicht, um die Meeresbestände zu schützen.

Wirtschaft contra Ökologie

Im Mittelmeer sind 82 Prozent der Bestände überfischt. Im Atlantik und der Ostsee beträgt der Anteil jeweils 60 Prozent, fand die Organisation „Ocean2012“

Die Ursache dafür liegt in einem „jahrelangen Fehlverhalten“, erklärt Iris Menn, Meeresexpertin bei Greenpeace. Die Gesetzgebung biete Lücken, die Überfischung zulassen.

Zum einen ist die europäische Flotte so groß, dass sie innerhalb eines Jahres mehr fischen könnte, als überhaupt in den Meeren schwimmt. Die erlaubten Fangquoten übersteigen meist die wissenschaftlichen Empfehlungen. 2012 lag sie etwa für den Kabeljau um 100 Prozent darüber.

Zudem profitierten Europas Fischer bisher von hohen Subventionen. Laut einer Schätzung von Greenpeace fließen bisher knapp 150 Millionen Euro jährlich in die nicht nachhaltige Fischerei. Dies übersteigt die Erlöse der Fischanlandungen um das 1,5-fache. Der Verbraucher zahlt also doppelt für die Dezimierung der Bestände – erst durch Steuern, dann im Supermarkt.

Unzureichend ist auch die Kennzeichnung der Produkte hinsichtlich der Nachhaltigkeit. Es müsse das spezifische Fanggebiet und die Fangmethode ersichtlich sein, um die Käufer über den ökologischen Aspekt aufzuklären, fordert Greenpeace. Nur bei 24 Prozent der Produkte ist das derzeit der Fall.

Aktuell entscheiden die Fischereiminister über die Zukunft der Meeresbewohner. 2014 sollen die Quoten erstmals innerhalb der wissenschaftlichen Empfehlungen liegen. Auch soll mehr in nachhaltigen Fang investiert werden. Iris Menn bleibt skeptisch, bis die „Worte auch konsequent in die Tat umgesetzt worden sind“. LENA SCHNEIDER