Die Verantwortung der Journalisten

MEDIEN III Viele kennen die Pflichten noch nicht, die zur neuen Freiheit gehören

VON CHIT OO KOKO

Eines Nachts im Oktober sind Unbekannte in die Redaktionsräume des Sun Light Journals in Yangon eingedrungen. Sie nahmen 14 Computer mit und mehr als 600 Exemplare der Zeitschrift. In den sozialen Medien gab es viele Berichte, dass die Diebe angeführt wurden von Nay Swe Thwe Aung, auch Phoe La Pyae wurde genannt, einem Enkel des Juntachefs General Than Shwe. Unter den Begleitern soll auch der Sohn des Handelsministers gewesen sein. In den sozialen Netzwerken, wo der Vorfall meist als Angriff auf Myanmars Medien gewertet wurde, gab es sehr heftige Reaktionen.

Doch später kam heraus, dass der Eigentümer der Zeitschrift, U Yu Naing, bei dem Vorfall dabei war. Doch waren schon Artikel im Sun Light Journal erschienen, die Günstlinge der früheren Junta angegriffen und bei dem Vorfall eine Verbindung zwischen Myanmars berühmter Miss Universum und Phoe La Pyae gezogen hatten.

Deshalb entschuldigten sich die Anteilseigner des Magazins und die Redaktion öffentlich für ihre unethischen Berichte und beschlossen die Einstellung des Journals. Zugleich wurde der Chefredakteur kritisiert, Artikel publiziert zu haben, welche die journalistische Sorgfaltspflicht und die Hausregeln verletzen. Eigentümer U Yu Naing erklärte: „Der Chefredakteur verstieß gegen die Regeln, obwohl wir ihn gewarnt hatten, niemanden persönlich anzugreifen.“ Myanmars Journalistenverband erklärte, unethisches Verhalten von Journalisten sei inakzeptabel.

Myanmars Medien gehören inzwischen zu den freiesten in Südostasien. Doch wegen jahrelanger Isolation und Diktatur sowie des geringen Ausbildungsstands der Journalisten gibt es solche inakzeptablen persönlichen Angriffe und völlig subjektiven Berichte. Weil zugleich der Rechtsstaat noch schwach ist und Gesetze fehlen, die in Verleumdungsfällen greifen, gefährdet dies die neu gewonnene Medienfreiheit.

Noch kennen viele Medien die Verantwortung und Pflichten nicht, die mit den neuen Freiheiten verbunden sind – oder sie wollen sie nicht berücksichtigen. Der Chefredakteur des Yangon Chronicle, Soung Oo Ko Ko, hofft, „dass mit fortschreitender Konsolidierung der Demokratie die Boulevardmedien, die keine ethischen und journalistischen Grundsätze haben, Einfluss verlieren und nur die professionellen Medien übrig bleiben.“