Skandalnudel mit Hang zum Exklusiven

Irlands Ex-Premierminister Charles Haughey ist gestern im Alter von 80 Jahren an einem Krebsleiden gestorben

DUBLIN taz ■ Der Gauner bekommt ein Staatsbegräbnis. Ex-Premierminister Charles Haughey, der gestern im Alter von 80 Jahren an Prostatakrebs gestorben ist, war der korrupteste Politiker Irlands. Keiner brachte es in der Politik zu solchem Reichtum wie er. Als er 1992 zurücktreten musste, weil er die Telefone von zwei Journalisten abhören ließ, war er einer der reichsten Männer der Grünen Insel.

Haughey hat als Buchhalter angefangen, bevor er 1951 in die Politik ging. Im selben Jahr heiratete er Maureen Lemass, deren Vater acht Jahre später Premier wurde. Damit begann Haugheys Aufstieg. Der Schwiegervater machte ihn zum Staatssekretär, dann zum Justizminister.

1970 wurde Haughey angeklagt, als Justizminister Waffen für die Irisch-Republikanische Armee (IRA) nach Nordirland geschmuggelt zu haben, wo der gewaltsame Konflikt ausgebrochen war. Er wurde freigesprochen, aber sein Ministeramt war er los. Mühsam machte er wieder Boden gut. 1979 stand er an der Spitze der Regierung.

Von da ab floss das Geld, und Haughey gab es mit vollen Händen aus. Er kaufte sich einen Landsitz im Norden Dublins, organisierte Fuchsjagden, sammelte Rennpferde und Porträtgemälde. Schließlich legte er sich eine Insel zu und ließ darauf ein Prunkhaus bauen. Um flexibel zu sein, musste ein Privathubschrauber her. Mary O’Rourke, eine Ministerin, wunderte sich, warum der Regierungschef stets Damenstrümpfe trug. Es waren Seidensocken aus Paris. Die passenden Hemden kosteten über tausend Euro pro Stück.

Woher er das viele Geld hatte, verschwieg Haughey. Im Zuge verschiedener Tribunale, bei denen es um die Steuerhinterziehung der Baggage aus Bauunternehmern, Bankiers, Architekten, Geschäftsleuten, Ärzten und Politikern ging, kam dann ans Licht, dass es sich bei ihnen im Vergleich zu Haughey um blutige Amateure handelte. Der Expremier hatte in seiner Amtszeit umgerechnet mehr als 20 Millionen Euro Bestechungsgelder von Unternehmern kassiert.

Einer war Ben Dunne, der Mitbesitzer der Kaufhauskette Dunnes Stores. Der hatte Haughey mehrere Millionen zugesteckt, war dann aber in einem Hotel in Florida mit einer Prostituierten und Kokain erwischt worden. Seine Geschwister klagten ihn aus der Firma. Bei dem Prozess flogen die Zahlungen an Haughey auf – und der Ring der reichen Steuerhinterzieher, die Scheinkonten auf den Cayman-Inseln unterhalten hatten.

Was die Iren Haughey nicht verziehen haben, sind seine Predigten in den Achtzigerjahren, als er dem Volk in Anbetracht der Wirtschaftskrise Maßhalten verordnete und die Steuern erhöhte, während er selbst in Saus und Braus lebte. Aber wenigstens war es unterhaltsam, als die Skandalnudel noch im Amt war.

RALF SOTSCHECK