Film aus dem Archiv – frisch gesichtet

LARS PENNING

Im Jahr 1978 verfilmte Philip Kaufman Jack Finneys Roman „The Body Snatchers“ um mysteriöse außerirdische Pflanzen, welche die Bewohner einer Kleinstadt Zug um Zug durch gefühllose Replikanten ersetzen, noch einmal neu: In „Die Körperfresser kommen“ verkörpert Donald Sutherland einen sympathischen Beamten der Gesundheitsbehörde, der erstmals auf merkwürdige Vorgänge aufmerksam wird, als seine Kollegin Elizabeth (Brooke Adams) berichtet, ihr Lebensgefährte habe sich auf seltsame Weise verändert. Dass mit der Welt etwas nicht mehr stimmt, verdeutlicht Kaufman dabei allein durch die Art seiner Inszenierung: Die Kamera wird verkantet, extreme Weitwinkelobjektive verzerren die Perspektiven, ständig blickt man mit dem Helden durch die zerschlagene, irisierende Windschutzscheibe seines Autos. Am Ende geht „Die Körperfresser kommen“ in seinem Pessimismus noch einen Schritt weiter als der Originalfilm von Don Siegel aus dem Jahr 1956: Während dort Kevin McCarthy als einziger „echter“ Mensch überlebt (und deshalb bei Kaufman einen kleinen, panischen Auftritt bekommt, als sei er 22 Jahre lang weitergerannt), sieht man Sutherland emotionslos zu seiner Arbeitsstätte zurückkehren und beim Anblick einer alten – noch menschlichen – Freundin Alarm schlagen – auch ihn haben die „Körperfresser“ schließlich erwischt. (OF, 20. + 27. 12., Eiszeit 1)

Die Komödie „Hatari!“ (1962) kann als Musterbeispiel eines Abenteuerfilms von Howard Hawks gelten, dessen Filme zurzeit in einer Retrospektive im Arsenal laufen: Hartgesottene Profis (John Wayne, Hardy Krüger, Red Buttons, Gérard Blain) gehen in dynamischen, improvisierten Actionszenen gelassen ihrer Arbeit – hier der Jagd nach Giraffen, Büffeln und Nashörnern für Zoologische Gärten – nach, ziehen im Geschlechterkrieg mit überaus patenten Frauen (Elsa Martinelli, Michèle Girardon) allerdings stets den Kürzeren. Aber wer kann schon dem misogynen John Wayne widerstehen, der beim Küssen an Elsa Martinellis fettiger Gesichtscreme abrutscht und trotzdem frohgemut verkündet: „Wer abglitscht, darf noch einmal!“ (OF, 26. 12., Arsenal 1)

Der Weihnachtsfilm schlechthin ist Frank Capras ebenso sentimentale wie ernst gemeinte Kleinstadt-Sozialfantasie „It’s a Wonderful Life“ (1947). Darin will sich George Bailey (James Stewart), der Vorsitzende der örtlichen Bausparkasse, ausgerechnet am Weihnachtsabend das Leben nehmen. Doch es gibt einen Schutzengel, und der führt George vor, wie die Welt ohne ihn aussehen würde: Spielhölle statt Bausparkasse, und Friedhof statt Eigenheimsiedlung. George ist kuriert, alles wird gut. Das ist naiv, kleinbürgerlich und nett – also genau wie perfekte Weihnachten. (24. 12., Bundesplatz-Kino)