Falscher Glanz

GESCHICHTE Das neu eröffnete Grandhotel Atlantic sucht die Nähe zum „Lichtbringer“ der Böttcherstraße, der Hitlers Taten preisen sollte

Der im Kaffeegeschäft reich gewordene Ludwig Roselius („Kaffee HAG“) kaufte von 1902 an Häuser in der alten, verfallenen Straße.

■ In den 1920er Jahren konzipierte er eine mittelalterliche Gasse, die er als Reaktion auf die „Schmach des Versailler Vertrags“ verstanden wissen wollte. Die Böttcherstraße sei „der Versuch, deutsch zu denken“. Das Werk des glühenden Hitler-Verehrers fiel bei den Nazis durch, Roselius besserte nach.

■ Die Idee hinter der beliebten Sehenswürdigkeit wird gerne verschwiegen.

Gold glänzt, Gold leuchtet, manchmal blendet es auch und nimmt die Sicht. Der „Lichtbringer“ zum Beispiel, das goldfarbene Wandrelief Bernhard Hoetgers, das seit 1936 über dem Eingang in die Böttcherstraße hängt, führt etwa auch Touristen beim Gang durch die Gasse immer wieder auf den falschen Pfad. Was so schön gülden glänzt, das kann nichts Hässliches sein.

Das muss man sich auch in der nächsten Nachbarschaft gedacht haben, im Grandhotel Atlantic, das gestern am Bredenplatz eröffnet wurde, nur wenige Meter von der Böttcherstraße entfernt. Drinnen gibt es eine goldfarbene Wand, sie strahlt als Blickfang der Lobby direkt gegenüber der Rezeption. Und was sagt die Grandhotel-Direktorin Ursula Carl zur Farbauswahl? „Wir spielen auf die Nachbarschaft zur Böttcherstraße mit dem goldenen Engel an.“

Hoppla, der Blick in schlaue Bücher, die über die Böttcherstraße und „den goldenen Engel“ geschrieben wurden, hätte sehr wahrscheinlich dazu geführt, die goldene Wand nicht in die Nähe der Hoetger-Skulptur zu rücken. Zwar wird die sich einmal quer über das Relief legende Figur, die ein mächtiges Schwert schwingt, als Engel Michael im Kampf mit dem Drachen gedeutet; Ludwig Roselius aber, Kaffeehändler und Erbauer der Böttcherstraße, wollte darin etwas ganz anderes sehen.

Denn was er als Verkörperung nordischen Geistes mit der Böttcherstraße hatte bauen lassen, als Versinnbildlichung eines kruden Germanenkultes, gefiel den Nazis nicht. Da Roselius ihnen aber gefallen wollte, diente er sich den Machthabern an und ersetzte ein expressionistisches Backstein- und Buntglasgefüge durch den „Lichtbringer“. Wiederholt sagte er, dieses Relief habe er aufgehängt „als Beweis, wie sehr ich den Führer und seine Taten verehre“. Mehr noch: Der „Lichtbringer“ sei als Symbol „des Sieges unseres Führers über die Mächte der Finsternis“ zu verstehen, schrieb Roselius an den damaligen Bremer Bürgermeister, „alle Nationalsozialisten“, mit denen er darüber gesprochen habe, „sind von dieser Lösung sehr eingenommen“. Der „Lichtbringer“ als Allegorie auf Adolf Hitler, gerne hätte Roselius die Ziffernfolge 1933 als Erinnerung an das Jahr der Machtergreifung ins Gold geritzt.

Der Böttcherstraßen-Forscher Arn Strohmeyer attestierte dem Hotel für die selbst gewählte Verbindung zum „Lichtbringer“ „Geschichtslosigkeit“: „Ich wäre vorsichtiger gewesen und hätte nicht auf dieses Relief angespielt.“ Das Hotel selbst wollte sich nicht dazu äußern. FEZ