Die schwätzen, die Engländer

Owen Hargreaves kämpft in England um Anerkennung, und David Beckham warnt vor Trinidad und Tobago

NÜRNBERG taz ■ Es gab eine Menge zu diskutieren in den vergangenen Tagen. Ja, für englische Verhältnisse wurde in Baden-Baden sogar unheimlich viel geredet. Nachdem Michael Owen sich mit Sven-Göran Eriksson wieder versöhnt hatte – er wird heute Abend gegen Trinidad und Tobago wieder neben Peter Crouch stürmen – und die Gefahr eines Ein-Mann-Aufstands damit gebannt war, wurde zunächst der Fall Owen Hargreaves verhandelt.

Hargreaves, der aus Kanada stammt und beim FC Bayern München spielt, war nach seiner Einwechslung gegen Paraguay in Frankfurt von den eigenen Fans ausgebuht worden. Nicht etwa, weil er schlecht gespielt hatte, sondern weil sich in England wohl immer noch nicht herumgesprochen hat, dass er ein begabter Mittelfeldspieler ist. Viele sehen in ihm immer noch engstirnig einen Fremdkörper. Kapitän David Beckham sah sich daher gar gezwungen, für den Münchner öffentlich Partei zu ergreifen. „Es war traurig, am Samstag die Buhrufe zu hören“, sagte er. „Er spielt für sein Land und tut, was er kann. Er hat das nicht verdient.“

Hargreaves hat die dämliche Stimmungsmache gegen ihn registriert, will sich aber dadurch nicht verunsichern lassen. „Das Problem ist, dass die englische Öffentlichkeit mich nicht kennt“, diktierte er den englischen Kollegen selbstbewusst in die Notizblöcke, „sie sehen mich nicht jede Woche spielen. Ich kann damit umgehen. Ob mir die Leute zujubeln oder es negative Reaktionen gibt, ist mir egal. Ich glaube an mich, der Trainer und seine Leute zählen auf mich. Das ist das Wichtigste“. Man darf gespannt sein, wie die Fans reagieren werden, falls Hargreaves heute Abend eingewechselt werden wird. Starten wird er freilich nicht. Eriksson bleibt beim 4-4-2 und dem Personal des ersten Spiels.

Beckham hat eine bessere Leistung seiner Mannschaft in Aussicht gestellt. „Wir wollen die Leute mitreißen und beweisen, dass wir auf dem Niveau von Holland, Italien oder Argentinien spielen können“, sagte er. Unterschätzen wolle man den Gegner jedoch auf keinen Fall: „Wir müssen gegen Trinidad und Tobago so spielen, als ob sie das stärkste Team der Weltmeisterschaft wären. Sie haben Spieler, die uns Probleme bereiten können. Wir dürfen auf keinen Fall glauben, dass es einfach sein wird.“

Vergleichsweise gelassen fiel dagegen Beckhams Reaktion aus, als er mit der „Kritik“ der Bild-Zeitung an dem Aussehen seiner Familienmitglieder („Schwester Joanne ist fett, die Mutter hat ein Bauernlächeln, Sohn Romeo sieht aus wie ein Mädchen“) konfrontiert wurde. Der Mann hat Erfahrung mit solchen Sachen und in seiner Karriere schon sehr viel Schlimmer lesen müssen. „Ich finde es schade, dass sich jemand auf so ein Niveau begibt. Ich kann und werde das nicht akzeptieren. Aber es ist nur ein Mensch, der irgendwo sitzt und sich überlegt, was er schreiben kann, um mich vielleicht ein bisschen aus der Ruhe zu bringen. Das wird nicht gelingen.“

RAPHAEL HONIGSTEIN