Wasser marsch!

Frankreichs Veteranengruppe fordert nach dem 0:0 gegen die Schweiz fortan ein feuchteres Geläuf

STUTTGART taz ■ Gegen viertel vor neun wurden im Gottlieb-Daimler-Stadion dann doch noch die Sprenkler eingeschalten. In hohem Bogen platschte das Wasser fröhlich auf die Wiese. Raymond Domenech wird das nicht getröstet haben, das Auftaktspiel seiner Franzosen gegen die Schweizer war da bereits mit dem angemessenen Endstand von 0:0 abgepfiffen. Der Trainer gab dem trockenen Untergrund Mitschuld an einem lahmen Kick. „Den Rasen sechs Stunden vor der Partie zu wässern ist ja schön und gut“, meinte Domenech, „aber bei dieser Hitze muss man das kurz vorher machen, nur dann flutscht der Ball.“

Ganz Unrecht hat er ja nicht. Johan Cruyff ließ als Trainer des FC Barcelona immer Minuten vor dem Start sprenkeln, sein Dreamteam brauchte ein schnelles Geläuf, damit der Ball von einem zum anderen sausen konnte und der Gegner nicht hinterherkam. Ein trockener oder zu hoher Rasen benachteiligt technisch bessere Teams, und das war in Stuttgart das französische, wie auch der Schweizer Trainer Köbi Kuhn einräumte.

Doch die gesamte Tristesse kann das Gras nicht erklären. Zum Mann der Partie wurde denn auch Claude Makelele gewählt, ein defensiver Mittelfeldakteur. Es war so langweilig, dass in Halbzeit zwei ein Teil des Publikums „Deutschland, Deutschland“ rief, schließlich bietet die DFB-Elf publikumsfreundlichen Risikofußball.

Dass den die Schweizer nicht zeigten, war nachvollziehbar. „Es war immerhin ein WM-Spiel gegen einen Großen dieser Fußballwelt“, bat Kuhn um Verständnis. Mit dem Unentschieden sei er zufrieden, „das hätten wir vorher unterschrieben“. Aber dass Domenech nach kurzer Abrechnung mit dem Rasen ebenfalls aufgeräumter Stimmung war, erstaunte dann doch. Jetzt müsse man eben in zwei statt drei Spielen die Weichen Richtung Achtelfinale stellen, meinte er lächelnd: „Wir kennen diese Situation ja schon von der Qualifikation.“ Da spitzte sich auch alles auf den letzten Tag zu. Frankreich hangelte sich von einem Unentschieden zum anderen, erzielte und kassierte kaum Tore, um sich schließlich als schlechtester Gruppenerster Europas ins Ziel zu schleppen.

Die Franzosen, einst als brillante Zauberer verehrt, sind tief gesunken. Sie haben die Minimalisten-Rolle übernommen, die die nun leidenschaftlicheren Italiener abgegeben haben. Erschreckend, wie wenig Eroberungsgeist und Intensität sie gegen die spielerisch limitierten Eidgenossen entwickelten. Domenech stritt ab, dass dem matten Auftritt ein physisches Problem zugrunde liegt. Frankreichs Kader ist ja mit einem Schnitt von 29 Jahren und einem Monat der älteste der WM. Fünf in der Startelf waren 34 Jahre oder älter, nur zwei unter 28, Abidal und Ribéry, die als Einzige nicht auch schon in Portugal bei der EM dabei waren. Der schnelle Draufgänger Ribéry wirkte neben den antiquierten Stars wie ein Anachronismus.

Vier WM-Spiele lang haben sie nun kein Tor erzielt, 2002 reiste der gefallene Titelverteidiger trefferlos aus Asien ab. Sollten „les bleus“ auch am Sonntag gegen Korea ohne Torerfolg bleiben, würden sie einen Rekord Boliviens einstellen. Noch aber gibt es Hoffnung, zumindest für die, die Domenechs Erklärung mit dem Rasen folgen. Raphael Wicky, der Schweizer Mittelfeldspieler vom Hamburger Sportverein, stellte eine Lösung von oben in Aussicht: „Vielleicht regnet’s ja noch.“ RALF ITZEL