Jukebox

Die Fête de la Musique zu Hause feiern

Passend zur „Fête de la Musique“, die am Mittwoch wieder mal weltweit gefeiert wird, ein Album, das sich auch auf der Stereoanlage im Wohnzimmer anhört, als stünde man mitten im sonnigen Treiben eines Volksfestes: „Mlah“ von der französischen Punk-Rock-Gruppe „Les Négresses Vertes“.

Die Idee des ehemaligen Kulturminister Frankreichs, Jack Lang, einen Tag lang die Pariser Straßen zu einer Bühne zu machen, ohne dass irgendjemand daraus finanziellen Profit schlagen würde, ist auch im Sinne der „Négresses Vertes“ – 2000 spielten sie vor dem Hôtel Matignon, dem Amtssitz des Premierministers. Auf großen Profit haben sie es nie angelegt und vom Erfolg ihres Debütalbums von 1989, veröffentlicht auf dem kleinen Independent-Label „Delabel“, sind sie überrumpelt worden. Über 500.000 Mal hat sich die Platte verkauft.

Bekannt wurden die Franzosen durch ihre außergewöhnlichen Live-Auftritte, bei denen sie Zirkusnummern aufführten. Hinzu kam noch die Begeisterung für politische Punk-Rock-Bands wie „Mano Negra“, die Ende der 80er-Jahre in Frankreich hochschwappte. Dass auch „Les Négresses Vertes“ politisch sind, macht schon ihr politisch unkorrekter Name deutlich: Die Bandmitglieder sind weder schwarz noch weiblich. In den Liedern auf „Mlah“ geht es um Selbstmord, Einsamkeit, Magersucht, den debilen Großvater, den heruntergekommen Ex-Businessman. Bittere Sachen, doch kein noch so ernstes Thema wird von den Musikern in molltönige Trauer-Musik verpackt. Im Gegenteil: Die Rhythmen mit Flamenco-artigen Gitarrenpassagen, Akkordeonklängen wie im klassischen Chanson und schreienden Trompeten sind zu schell, um auch nur eine Sekunde in Melancholie abzutauchen. Eine bessere Platte für den Sommerbeginn am Tag der „Fête de la Musique“ gibt es auch wegen des Stückes „Voilà l’été“ nicht. Der Sänger Helno posaunt laut hinaus, dass endlich der Sommer da ist, die Sonne scheint, die Liebe beginnt, die Mädchen schön sind, die Cocktails besser schmecken, die ganze U-Bahn schwitzt, Paris zur Qual wird, das Meer veralgt ist. Das alles gehört eben zum Sommer. Helno, der die Lieder der ersten beiden Alben geschrieben hat, starb 1993 an einer Überdosis. Sein Leben aber soll er in vollen Zügen genossen haben. Daran lässt „Mlah“ keinen Zweifel.ANDREA EDLINGER