Ecuador will noch höher

Nach souveränem 3:0 über Costa Rica will Ecuadors Trainer Luis Suarez den Gruppensieg – im Spiel gegen Deutschland

AUS HAMBURG ANDREAS RÜTTENAUER

Eine Viererkette in der Abwehr, eine weitere im Mittelfeld und zwei Stürmer, die sich stets auf gleicher Höhe bewegen. Der Fußball der Nationalmannschaft von Ecuador ist sehr schematisch. Kein Spieler verlässt die ihm zugedachte Position. Ist die Mannschaft im Angriff, schieben sich die drei Ketten langsam nach vorne. Niemand setzt zu einem riskanten Dribbling an.

Das ecuadorianische Spiel ist äußerst sicherheitsorientiert. Ist vorne kein Stürmer anspielbar, wird von Neuem aufgebaut. In aller Ruhe und alles andere als schnell ziehen die Ecuadorianer dann ihr Spiel noch einmal von vorne auf. Gelingt ein Anspiel in die Spitze, wird es gefährlich. Genauso hat Ecuador das Team von Costa Rica gestern Mittag in Hamburg 3:0 geschlagen und damit vor Deutschland die Tabellenführung in der WM-Gruppe 1 übernommen.

Viele Chancen haben sie dafür nicht benötigt. Die drei Tore waren der verdiente Lohn für einen überaus disziplinierten Fußball. Wollen die Deutschen den Sieg in ihrer Gruppe davontragen, müssen sie nun am Dienstag in Berlin gegen Ecuador gewinnen. Nach allem, was man in Hamburg gesehen hat, muss man sagen: Einfach dürfte das nicht werden.

Der Trainer der ecuadorianischen Nationalmannschaft, Luis Fernando Suarez, redet gerne von den Fortschritten, die der Fußball in Ecuador seit Jahren macht. Der Kolumbianer wurde dafür oft belächelt. Im Trainingslager der Südamerikaner wurde noch vor einer Woche sogar lauthals gelacht – auch von den Journalisten aus Ecuador –, als Co-Trainer Armando Osma ankündigte, dass Ecuador in diesem Turnier fünf Tore schießen und ins Achtelfinale einziehen werde. Seit gestern lacht niemand mehr über Ecuador. Die Südamerikaner sind unter den letzten 16, das 3:0 von Ivan Kaviedes (92.) war das fünfte Tor für Ecuador.

Sogar Alexandre Guimaraes, der Trainer der unterlegenen Costaricaner, zeigte sich als Bewunderer des Fußballs aus Ecuador. Er lobte die technischen Fähigkeiten der einzelnen Spieler und stellte anerkennend fest, dass die siegreiche Mannschaft über die Jahre ihren eigenen Stil entwickelt habe. Nach der frühen Führung für Ecuador durch Carlos Tenorio (8.), sei seine Mannschaft gar nicht mehr ins Spiel gekommen. Die Südamerikaner hätten ihr Spiel in einer Weise aufzogen, die er nur als „beeindruckend“ bezeichnen könne.

Diese Komplimente nahm sein Trainerkollege gerne an. „Wir wussten, dass wir ein herausragendes Team haben“, sagte Suarez. „Jetzt haben wir noch zwei Spiele vor uns – mindestens.“ Die Ecuadorianer wollen richtig hoch hinaus. Das heißt: Sie wollen selbstredend den Gruppensieg. „Wir haben gegen Brasilien gewonnen, gegen Argentinien. Jetzt spielen wir gegen Deutschland.“ Das kann man als Drohung verstehen.

Suarez lobte vor allem die Defensivleistung seines Teams. Auch im zweiten WM-Spiel hat Ecuador keinen Treffer hinnehmen müssen. Die Innenverteidiger, Abräumer Giovanny Espinoza und der elegante Kapitän Ivan Hurtado, sind zwar nicht die Schnellsten, überzeugen aber durch ihr Stellungsspiel. „Sie geben uns die Sicherheit für das, was das Wichtigste ist im Fußball: das Toreschießen“, sagte Suarez und appellierte an die Liebe seiner Fußballer zu ihrer Heimat: „Die Spieler müssen wissen, dass sie all das hier für ihr Land tun. Dann funktioniert auch der Fußball.“

Stürmer Augustin Delgado, der das 2:0 (54.) und damit bereits seinen zweiten Treffer im Turnier erzielt hat, sieht seine Arbeit nicht unbedingt als Dienst am Vaterland: „Wenn du auf den Platz gehst und dich wohl fühlst, wenn du einfach Spaß hast, dann triffst du auch“, sagte er. Auch er will unbedingt noch mehr als zwei Spiele in Deutschland bestreiten. Wie sein Trainer. Es ist die zweite WM-Teilnahme überhaupt, und erstmals in der Geschichte des Landes und sein Fußballverbandes hat Ecuador das Achtelfinale erreicht. Ob das Spiel gegen Costa Rica das wichtigste in seinem Leben gewesen sei, wurde der Trainer noch gefragt. Luis Fernando Suarez antwortete: „Das nächste Spiel ist das wichtigste.“

Ecuador: Mora - De la Cruz, Hurtado, Espinoza (69. Guagua), Reasco - Mendéz, Castillo, Edwin Tenorio, Valencia (74. Urrutia) - Carlos Tenorio (46. Kaviedes), DelgadoCosta Rica: Porras - Umaña, Sequeira, Marín - Wallace, Fonseca (29. Saborio), Solís, González (56. Hernandez) - Gómez, Centeno (84. Bernard) - WanchopeSchiedsrichter: Codjia (Benin)Zuschauer: 50.000 in HamburgTore: 1:0 Carlos Tenorio (8.), 2:0 Delgado (55.), 3:0 Kaviedes (90. +2)Gelbe Karten: Castillo, De la Cruz, Mora/Marín, Solís