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Glück, Schmiergeld – oder ab zur Oma

In Russland bleiben Krabbelkinder den Müttern überlassen. Teil II der taz-Serie: Elternzeiten anderswo

Katerina hat noch Glück. Da ihr Mann Inhaber eines Motorradgeschäftes ist, kann es sich die 28-jährige Juristin aus Rostow am Don leisten, eine Weile ganz für ihren fast anderthalbjährigen Sohn Fjodor da zu sein. Bei allein erziehenden Frauen oder Familien mit niedrigem Einkommen sieht das in Russland anders aus. Zwar gibt es mittlerweile eine staatliche Familienförderung. Doch die bescheidenen Zuschüsse sind kaum ein Anreiz zum Kinderkriegen. Das zeigt sich an der Geburtenrate: Nachdem die Lust aufs Kind nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 massiv eingebrochen war, bringt heute statistisch gesehen jede Frau 1,3 Kinder zur Welt – Tendenz leicht steigend.

In Russland sind es meist die Mütter, die in der Küche und am Wickeltisch stehen – Väter nehmen fast nie Erziehungsurlaub. Eine Frau bekommt im Mutterschutz (70 Tage vor dem errechneten Geburtstermin bis 110 Tage danach) einen einmalige Zahlung in Höhe ihres letzten Durchschnittsgehaltes. Nach der Geburt belohnt der Staat die Mutter mit einer weiteren Einmalzahlung: 8.000 Rubel (umgerechnet 235 Euro). Davon kann sie gerade mal Kinderwagen und Kinderbett kaufen.

Maximal drei Jahre nach der Geburt können Väter oder Mütter in Russland eine Auszeit nehmen, ohne den Anspruch auf ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Theoretisch. Allerdings halten sich nur die staatlichen Betriebe daran – bei Privatunternehmen ist der Druck auf die werdenden Mütter so groß, dass diese lieber in vorauseilendem Gehorsam kündigen, in der Hoffnung, später wieder einsteigen zu können.

Wenn sie sich für den Ausstieg entscheiden, unterstützt sie die staatliche Sozialversicherung 18 Monate lang mit 700 Rubel (21 Euro) im Monat, ein mehr als bescheidener Betrag. Denn eine dreiköpfige Familie braucht allein für Lebensmittel umgerechnet etwa 200 Euro im Monat. In der zweiten Hälfte der Elternzeit müssen Frauen sogar ganz ohne staatliche Unterstützung auskommen.

Auch deshalb versuchen die meisten russischen Mütter, nach anderthalb Jahren wieder an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren. Das würde auch Katerina am liebsten tun. Allerdings vor allem deshalb, weil sie sich durch die Erziehung nicht ausgelastet fühlt. Doch wahrscheinlich wird Katerina auch noch die nächsten 18 Monate zu Hause sitzen. Der Grund: Sie hat immense Schwierigkeiten, einen Kindergartenplatz zu bekommen. In der Regel müssen Eltern drei Jahre auf einen Platz warten, selbst dann, wenn sie ihr Kind schon vor der Geburt angemeldet haben. Oft versuchen die Eltern mit Schmiergeld nachzuhelfen. 25.000 Rubel (etwa 750 Euro) „Motivationshilfe“ sind dafür am Rostow am Don fällig. Falls auch das nichts nützt, bleibt nur noch eine Möglichkeit: die Großmutter. SVETLANA EFIMOVA

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