Anstalts-Logik

ARD-Intendanten-Konferenz: Bei der Absetzung von Schwimmreporter Seppelt wird es wohl bleiben, wenn auch aus eher seltsamen Gründen

VON HANNAH PILARCZYK

Im Fall des überraschend versetzten ARD-Schwimmreporters Hajo Seppelt ist die Meinungslage in den Medien klar: Seppelt wurde geschasst, weil seine kritische Doping-Berichterstattung im Ersten nicht mehr gewünscht war. Treibende Kraft dahinter war ARD-Sportkoordinator Hagen Boßdorf, der selber eher durch einen Kuschelkurs in Sachen Doping aufgefallen ist. Lustigerweise scheint man das auf Intendanten-Ebene nicht unähnlich zu sehen. Doch wenn die Vorsitzenden der neun ARD-Anstalten ab Sonntag in Straßburg zusammenkommen, werden sie wohl trotzdem das Gegenteil beschließen: nämlich dass Seppelts Absetzung als Livereporter nicht rückgängig gemacht und Boßdorfs Vertrag als Sportkoordinator verlängert wird. Warum das so sein wird? Nun, das ist ein Fall von ARD-Logik, wie er absurder kaum sein könnte.

Dreh- und Angelpunkt der Causa Seppelt ist tatsächlich Hagen Boßdorf. Zwar haben die ARD-Sportchefs dem Austausch Seppelts mehrheitlich zugestimmt, doch gegen Boßdorfs Willen scheint sowieso nichts durchsetzbar zu sein. „Die wichtigsten Personalentscheidungen – auch für den Sport – werden mittlerweile nur noch von Programmdirektor Günter Struve getroffen“, heißt es aus dem Kreis der Sportchefs. Und Boßdorf gilt halt als Struve-Intimus.

Gleichzeitig haben auch zwei ARD-Anstalten kein Interesse daran, Boßdorf vor den Kopf zu stoßen. Da ist zum einen der Norddeutsche Rundfunk (NDR), den Boßdorf wegen Auflösung seines Arbeitsvertrags als NDR-Sportchef verklagt hat. Eigentlich sollte der gebürtige Brandenburger zum 1. März dieses Jahres nach Hamburg wechseln, doch als die Birthler-Behörde im Dezember 2005 neue Unterlagen zu Boßdorfs Stasi-Kontakten veröffentlichte, löste der NDR den Vertrag wieder auf.

Seine Klage gegen diesen Beschluss lässt Boßdorf zwar ruhen, doch genau das ist der schlafende Hund, der den NDR trotzdem in Schach hält. Boßdorfs Aussichten, sich vor Gericht durchzusetzen, gelten nämlich als sehr gut. Sollte NDR-Intendant Jobst Plog also bei der anstehenden Konferenz für die Wiedereinsetzung Seppelts und gegen die Verlängerung von Boßdorfs Vertrag als ARD-Sportkoordinator stimmen, könnte sich sein Sender bald nicht nur vor Gericht, sondern auch mit einem neuen Sportchef wiederfinden.

Und auch dem Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB), Seppelts Haussender, dürfte daran gelegen sein, dass Boßdorf möglichst unbehelligt als Sportkoordinator bei der ARD-Geschäftsführung in München verbleibt. Auf Mitarbeiterebene protestiert man zwar gegen die Absetzung des Kollegen. Doch auf der Führungsebene sieht das schon anders aus. So soll sich RBB-Sportchef Hans-Jürgen Pohmann auf der entscheidenden Sitzung durchaus offen für einen Austausch Seppelts durch den Neuzugang Tom Bartels gezeigt haben: Er werde zwar nicht gegen seinen eigenen Mann stimmen, prinzipiell stünde er einem neuen Mann am Beckenrand aber wohlwollend gegenüber.

Schließlich ist da noch RBB-Intendantin Dagmar Reim. Laut ihrem Fernsehdirektor Gabriel Heim will sie den Sportchef-Beschluss zur Diskussion stellen – verliert ihr ohnehin kleiner Sender mit Seppelt doch einen seiner wenigen prominenten Vertreter im ARD-Programm. Aber Boßdorf die Vertragsverlängerung versagen? Dann würde der wohl erst mal von seinem Rückkehrrecht zu seinem Haussender Gebrauch machen. Doch das ist pikanterweise der RBB, weshalb Reim es wohl bei scharfen Worten belassen wird.

So wird Hagen Boßdorf nach der Stasi-Affäre und der Verwicklung in einen Schleichwerbefall wohl auch diesen Aufruhr um seine Person überstehen. Ganz nach ARD-Logik.