Afrikanerin in Berlin überfallen

Im Süden Berlins wurde eine Afrikanerin geschlagen und beraubt. Wegen Rassismus-Verdacht ermittelt Staatsschutz

BERLIN taz ■ Zu den möglichen No-go-Areas der Hauptstadt wurde der Stadtteil Lichterfelde bislang nicht gezählt. Der beinahe schon vorstädtisch ruhige Bezirk im Berliner Süden besteht aus alten Villenvierteln und bürgerlichen Ein- und Mehrfamilienhäusern jüngeren und mittleren Baudatums. Allein die in den Siebzigerjahren an der südlichen Bezirksgrenze erbaute „Thermometer-Siedlung“ hat mit ihren typischen Hochhäusern den optischen Charme eines „Problemkiezes“ – auf der Hitliste der sozialen Brennpunkte der Hauptstadt steht sie aber nicht.

Doch ausgerechnet in Lichterfelde geschah der jüngste vermutlich rassistisch motivierte Überfall in Berlin. Am Donnerstagmorgen wurde eine aus der Republik Elfenbeinküste stammende Frau von sechs Jugendlichen angegriffen. Sie schlugen und traten die 27-Jährige und beleidigten sie nach deren Aussage mit rassistischen Beschimpfungen. Außerdem raubten sie ihr Geld. Die Täter konnten flüchten, das Opfer erlitt nach Polizeiangaben „keine äußerlich sichtbaren Verletzungen“.

„So etwas kann überall passieren“, sagt Moctar Kamara vom Berliner Afrika-Rat. Der Rat hat sich deshalb mittlerweile gegen den Begriff „No-go-Area“ ausgesprochen. Nach dem Überfall auf den schwarzen Deutschen Ermyas M. im April in Potsdam hatten der Afrika-Rat und die Internationale Liga für Menschenrechte den Begriff ins Gespräch gebracht und angekündigt, eine Karte mit Gebieten zu veröffentlichen, die Schwarze besser nicht betreten sollten.

Auf der kleinen Berlin-Karte, die nun auf der Internetseite www.prevent-racist-attack.de rassistisch motivierte Straftaten verzeichnet, finden sich im alten Westberlin nur wenige Tatorte – die häufen sich im Osten. Die Seite wurden zur Fußball-WM ins Netz gestellt, um Gäste vor allem aus dem afrikanischen Ausland vor gefährlichen Orten zu warnen und ihnen Tipps für den Fall eines Angriffs zu geben. Der Link zum Afrikarat ist stillgelegt – weil der sich mittlerweile von der Aktion distanziert. Denn es gebe auch im Westteil der Stadt Bezirke, „wo Nazis sehr aktiv sind“, sagt Moctar Kamara. Lichterfelde gehört allerdings nach seiner Einschätzung nicht dazu.

Die Statistik belegt das. Zwar hat sich nach Angaben des Landeskriminalamtes im ersten Halbjahr 2006 die Zahl von „Übergriffen und Gewalttaten mit rechtsradikalem Hintergrund“ in Berlin im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 8 auf 15 fast verdoppelt – in dem Südwestberliner Bezirk ist aber kein einziger Vorfall verzeichnet.

Die Untersuchung des Angriffs auf die junge Afrikanerin hat unterdessen der Staatsschutz übernommen – aufgrund der Aussage des Opfers, rassistisch beschimpft worden zu sein. Die junge Frau, die seit zwei Jahren in Deutschland lebe, verstehe allerdings kein Deutsch, so ein Polizeisprecher. Sie solle deshalb am Montag in Anwesenheit eines Dolmetschers erneut vernommen werden. Zu den Tätern machte die Polizei bisher keine Angaben. ALKE WIERTH