Pofalla wirft Eheleben der Union um

CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla schlägt vor, steuerliche Förderung der Ehe zugunsten eines Familiensplittings umzubauen. Grüne und SPD wundern sich. Kippt das 20 Milliarden Euro teure Ehegattensplitting noch in dieser Legislaturperiode?

VON ANJA DILK

Es ist nicht mehr zu übersehen: In der Union steht vor einer familienpolitischen Zeitenwende. Nachdem das Kabinett am Mittwoch das Elterngeld verabschiedet hat, erregt nun CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla mit einem Interview in der Financial Times Deutschland Aufmerksamkeit. Er spricht sich für die Abschaffung des Ehegattensplittings aus: „Ich trete dafür ein, das Ehegattensplitting zu einem Familiensplitting zu erweitern.“

Das Ehegattensplitting sieht vor, dass das Gesamteinkommen auf beide Ehepartner aufgeteilt wird und die Eheleute so dank der Progression weniger Steuern zahlen müssen. Je größer der Einkommensunterschied, desto mehr profitieren die Paare. 20 Milliarden Euro kostet das den Staat jährlich. Beim Familiensplitting wird das Einkommen nicht nur auf die Eheleute, sondern auch auf die Kinder verteilt. Der Staat würde so nur noch die Ehe mit Kindern begünstigen.

Aus verfassungsrechtlichen Gründen will Pofalla das Splitting nicht abschaffen. Denn die Förderung von Ehe und Familie steht im Grundgesetz. Pofalla setzt auf den „Ermessensspielraum“, den der Gesetzgeber dabei habe, wie er Ehe und Familie steuerlich fördert.

Bislang verstand die Union jede Kritik am Splitting als Anschlag auf ihr Familienbild. „Ich freue mich, dass es nun viele junge männliche Kollegen aus den Reihen der CDU gibt, die nicht die Ehe, sondern die Kinder fördern wollen“, sagt Irmingard Schewe-Gerigk, grüne Frauenpolitikerin. „Wir haben dasselbe Ziel, wollen aber einen anderen Weg: Wir möchten eine Umwandlung des Ehegattensplittings in eine Individualbesteuerung.“ Anfang Mai haben die Grünen daher einen Vorschlag in den Bundestag eingebracht, der eine individuelle Besteuerung der Ehepartner und zusätzliche Übertragbarkeit eines Steuerfreibetrags von 10.000 Euro für den geringer erwerbstätigen Ehepartner vorsieht. „Damit sind wir verfassungsrechtlich auf der sicheren Seite.“

Auch die Vize-Fraktionschefin der SPD, Nicolette Kressl, begrüßte grundsätzlich die neue Offenheit bei der Union. Für eine Abschaffung des Ehegattensplittings gebe es in der SPD jedoch aus verfassungsrechtlichen Gründen keine Mehrheit. „Das Familiensplitting ist für uns zudem der falsche Weg, weil vor allem besser verdienende Familien stark davon profitieren.“ Ebenso wie die Grünen setzt die SPD statt auf Förderung der einzelnen Familien eher auf den Ausbau der Infrastruktur: mehr und bessere Kinderbetreuung. Zusätzliche Mittel, die bei einer wie auch immer gearteten Reform des Ehegattensplittings frei werden – die Grünen rechnen mit circa 5 Milliarden –, sollen daher in den Ausbau der Kinderbetreuung fließen.

Bis Ende des Jahres soll eine Arbeitsgruppe der SPD Vorschläge zu einer Reform der Familienförderung samt Splitting machen. Generalsekretär Pofalla will der CDU-Grundsatzprogrammkommission bereits in den nächsten Wochen konkrete Vorschläge zum Umbau des Splittings vorlegen.