Amazonier arbeiten wieder

ARBEITSKAMPF Die Amazon-Beschäftigten in Deutschland beenden ihre Streiks. Einen Tarifvertrag bekommen sie aber nicht. Gewerkschaft freut sich über Unruhe im Konzern

Aushilfen und befristet Beschäftigte mindern die Kampfkraft der Belegschaft

VON RICHARD ROTHER

BERLIN taz | Die Beschäftigten des US-Versandhandelskonzerns Amazon beenden ihre vorweihnachtlichen Streikaktionen in Deutschland. Zumindest am Standort Leipzig soll es in diesem Jahr auch keine Arbeitsniederlegungen mehr geben, wie ein Sprecher der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di am Sonntag in Leipzig sagte. Die Beschäftigten im größten deutschen Versandlager im hessischen Bad Hersfeld wollen die Aktionen in einer Mitgliederversammlung nach Weihnachten auswerten und erst dann über neue Streiks entscheiden. Während der Streikwoche hat es nach Angaben der Gewerkschaft auch Mitgliederzuwächse an nicht bestreikten Standorten gegeben.

Die Gewerkschaft bekräftigte ihren Plan, im kommenden Jahr zu neuen Arbeitsniederlegungen aufzurufen. „Unser Ziel ist es, einen Tarifvertrag und damit verbindliche Regelungen für die Amazon-Beschäftigten zu erreichen“, sagte Ver.di-Sprecher Jörg Lauenroth-Mago in Leipzig. Deswegen werde die Gewerkschaft dranbleiben. „Wir hoffen, dass sich die Erkenntnis durchsetzt, dass sich ein Unternehmen mit einer Friedenspflicht besser führen lässt als mit dauerhafter Streikgefahr.“

Die Ver.di-Verantwortlichen werteten den mit sechs Tagen bisher längsten Ausstand bei Amazon als Erfolg. Es sei gelungen, Unruhe in die Abläufe zu bringen. Amazon habe größere Anstrengungen unternehmen müssen, um umzuplanen, sagte eine Gewerkschaftssprecherin. „Wir wissen aber auch, dass wir noch nicht die Kraft und Organisationsstärke haben, um Amazon in Verhandlungen zu zwingen.“ Ein Grund dafür war, dass Amazon in der Weihnachtssaison Tausende Aushilfen engagiert hat. Auch die vielen befristet angestellten Beschäftigten – die rot-grüne Hartz-IV-Arbeitsmarktreform hatte die Einrichtung befristeter Stellen stark vereinfacht – mindern die Kampfkraft der Gewerkschaft: Wer ständig um die Verlängerung seines Jobs fürchten muss, traut sich eher nicht in einen Arbeitskampf.

Ver.di fordert vom Konzern höhere Löhne und tarifliche Regelungen, wie sie im Einzel- und Versandhandel üblich sind. Das Unternehmen – Amazon generiert in Deutschland Milliardenumsätze, zahlt aber nur wenig Steuern – nimmt hingegen die Logistikbranche als Maßstab, in der weniger Geld verdient wird. Insgesamt arbeiten nach Unternehmensangaben in Deutschland rund 9.000 fest angestellte Mitarbeiter, unterstützt würden sie von 14.000 Saisonarbeitern.