Nachbarn wollen Trinkgeld

WASSER Hamburg soll künftig nachweisen, dass sein Durst nicht Schuld ist, wenn in der Lüneburger Heide die Bäche trocken fallen, fordern SPD und Grüne in Niedersachsen

■ Hamburg fördert seit 1974 Trinkwasser in der Lüneburger Heide. Die Genehmigung lief 2004 aus, darauf fußend wird aber vorläufig weiterhin Wasser aus dem niedersächsischen Boden geholt.

■ Für eine neue Genehmigung ist der niedersächsische Landkreis Harburg zuständig. Anfang 2014 will Hamburgs Wasserversorger „Hamburg Wasser“ dort einen Antrag für die Trinkwassergewinnung einreichen. Nach zahlreichen Einwänden hatten die Antragsunterlagen überarbeitet werden müssen.

■ Die Fördermenge muss nach Ansicht von Hamburg Wasser steigen: Hamburgs Bevölkerung wächst, ihr Wasserverbrauch sei im Bundesvergleich indes so niedrig, dass er sich kaum noch drosseln lasse.

VON GERNOT KNÖDLER

Niedersachsen möchte die Konditionen ändern, zu denen Hamburg Trinkwasser aus der Lüneburger Heide bezieht. Ein Vorschlag des Landtages für eine Verwaltungsvereinbarung zwischen beiden Ländern sieht dabei eine grundlegende Änderung vor: SPD und Grüne in Hannover wollen die Beweislast für Schäden durch die Wasserentnahme umkehren. Sollten also Schäden an Gebäuden oder der Ernte auftreten, müsste künftig der städtische Versorger „Hamburg Wasser“ nachweisen, dass er daran keine Schuld hat.

Hamburg fördert durchschnittlich 15,7 Millionen Kubikmeter Trinkwasser pro Jahr in der Heide. Die Genehmigung – sie sah sogar 25 Millionen Kubikmeter vor – lief 2004 aus. Seither verhandelt die Stadt über eine Neuauflage über bis zu 18,4 Millionen Kubikmeter im Jahr: zuerst mit dem Regierungspräsidium Lüneburg, seit dessen Auflösung dann mit dem Landkreis Harburg. In der Zwischenzeit wird nur provisorisch genehmigt.

Hamburg bezieht 15 Prozent seines Trinkwassers aus der Heide. Dagegen gibt es Widerstand: Die Interessengemeinschaft Grundwasserschutz Nordheide (IGN) etwa sorgt sich, dass die Großstadt zu viel Wasser zapfen könnte. „Lüneburger Wüste – Nein Danke!“, so lautet das Motto, mit dem die Initiative angetreten ist.

2010 beschloss der Landtag, das Thema nicht dem Kreis allein zu überlassen. Mit den Stimmen von CDU, SPD und FDP schlug das Parlament eine Verwaltungsvereinbarung vor, die Rot-Grün jetzt konkretisiert und verschärft hat. Der Vorschlag kommt Hamburg bei der Wassermenge entgegen, sieht aber vor, diese alle zehn Jahre gutachterlich überprüfen zu lassen. Dabei soll ein engmaschiges Monitoring der Bäche und Flüsse in der Heide helfen. Hamburg Wasser soll in einen Fonds einzahlen, mit dem Projekte finanziert werden sollen, die die Grundwasserbildung erhöhen. Bei Schäden soll die Beweislast umgekehrt werden.

„Das ist ein Erfolg für die ganze Region, die die Hamburger Wasserförderung in den letzten Jahren kritisch begleitet hat“, sagt die Lüneburger Landtagsabgeordnete Miriam Staudte (Grüne). Doch zumindest der Vorschlag der Beweislastumkehr ist bei den Hamburger Wasserwerken noch nicht angekommen. „Das ist eine neue Forderung, die an uns noch nicht heran getragen worden ist“, sagt Sprecher Carsten Roth.

Er gibt zu bedenken, dass es sehr aufwändig sein könnte zu beweisen, dass ein bestimmter Schaden nicht von dem Wasserversorger verursacht wurde. Schließlich komme für das Sinken von Wasserständen eine Vielzahl von Ursachen in Betracht. Überdies würde ein Präzedenzfall geschaffen, der auch die niedersächsischen Wasserversorger vor große Probleme stellen würde, warnt Roth: „Wir würden die Axt an die öffentliche Wasserversorgung legen.“

Den Grünen komme es vor allem auf das engmaschige Monitoring an. „Wenn das Grundwasser gesenkt wird, hat das Auswirkungen auf die Oberflächengewässer“, sagt Miriam Staudte. Werde das rechtzeitig erkannt, gebe es vielfältige Möglichkeiten, um Schäden zu vermeiden.

Einem Heidewasser-Fonds steht Hamburg Wasser aufgeschlossen gegenüber. Darüber sei mit Vertretern des Landes, der Land und Forstwirtschaft sowie der Umweltverbände bereits gesprochen worden. „Wir sind seit Jahren in der Nordheide mit Projekten aktiv, die dazu dienen, einen nachhaltigen Grundwasserschutz zu betreiben“, sagt Unternehmenssprecher Roth.

Das niedersächsische Argument, die Hamburger Wasserwerke sollten bezahlen, weil sie „wertvolles Wasser aus der Nordheide mit hohem Gewinn“ nach Schleswig-Holstein verkauften, verweist er allerdings ins Reich der Mythen: Vielmehr fördere Hamburg Wasser auch auf schleswig-holsteinischem Gebiet, im Einzugsbereich der Trave – weshalb Lübeck ein Anrecht habe, beliefert zu werden. Das sei den Lübeckern ökonomischer erschienen, als ganz in der Nähe ein eigenes Wasserwerk zu bauen.