BERNWARD JANZING ÜBER DIE ANGEDROHTE KLAGE DER ATOMSTROMER
: So absehbar wie abwegig

Die Androhung einer Klage kommt nicht überraschend. Wenn die Politik einer Branche zwei Milliarden Euro aus deren Jahresgewinn herausschneiden will, dann ist naturgemäß der Aufschrei groß. Zumal die Atomstromer wenig Chancen haben, die geplante Brennelementesteuer an die Kunden weiterzureichen: Der Strompreis wird an der Börse gemacht, wo gemäß Marktlogik immer die Kosten des teuersten Kraftwerks den Preis bestimmen. Und das sind aktuell fossile Kraftwerke. Wenn also Atomstrom um 1,5 Cent je Kilowattstunde teurer wird, passiert nur eines: In gleichem Maße sinkt der Gewinn der Betreiber.

So absehbar der Protest der Lobby also ist, so abwegig ist er zugleich. Denn die neue Steuer ist mitnichten eine Diskriminierung des Atomstroms. Sie kompensiert schlicht den Wettbewerbsvorteil, den die Atommeiler seit der Einführung des Emissionshandels genießen. Seit nämlich der CO2-Ausstoß Geld kostet, ist der Kohlestrom teurer geworden – ebenfalls um etwa 1,5 Cent je Kilowattstunde. Daher ist nur folgerichtig, dass man die Atomsteuer unabhängig von einer Laufzeitverlängerung erhebt. Selbst wenn die Verlängerung kommt, ist die Abgabe die beste Optionen, Zusatzgewinne abzuschöpfen, denn sie ist transparent und ohne viel Aufwand umsetzbar.

Nur einer Illusion sollte man sich nicht hingeben: dass bei 1,5 Cent je Kilowattstunde ein Betrag von 2,3 Milliarden Euro für die Staatskasse herausspringt. Die Erträge werden niedriger liegen. Denn manche Meiler dürften künftig für die Betreiber unattraktiv werden, noch ehe sie die zulässigen Laufzeiten werden erreicht haben. Und davor fürchtet sich die Atomlobby – mehr noch als vor der Vorstellung, dass die Verlängerung der Laufzeiten im Sande verlaufen könnte.

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