Pieps, tief und miez

Annika Line Trost, die eine Hälfte von Cobra Killer, hat mit „Trust Me“ ihr zweites Album herausgebracht – und muss nun unter dem hohen Underground-Society-Druck bestehen

Das hatte schon was, als Annika Line Trost vor einigen Tagen im Keller des White Trash Fast Food ihr Album „Trust Me“ vorstellte. Es waren viele Menschen da, die früher im Ex’n’Pop in der Mansteinstraße ihre Nächte verbracht hatten, und viele von denen, die heute noch manchmal im Rio auflaufen. Also Leute, die früher im Dunstkreis von Nick Cave und den Einstürzenden Neubauten ihr Wesen und Unwesen trieben, eben die Christoph Drehers und (schrecklichen, aber unvermeidlichen) Ben Beckers dieser Welt, und solche, die die incredible strange music von heute machen, also die Françoise Cactus, Razi Isnogoods und Echoparks von Berlin.

Es war eine Veranstaltung, auf der ein entsprechend hoher Underground-Society-Druck lag. Nur war die Trost-Show leider nicht ganz so heiß, sondern eher gepflegtes Muckertum, zumal FJ Krüger (ehemals Ideal) und Thomas Wydler (noch immer Nick Cave & The Bad Seeds), die beide das Trost-Album miteingespielt haben, nicht mit dabei waren. Selbst Annika Line Trost konnte an diesem Abend nicht ganz so viel reißen. Ja, man musste gar konstatieren, dass sie zeitweise etwas stark Lothar-Matthäus-Haftes hatte. Weniger sinnfreie Ansagen und stattdessen mehr Rotwein wären jedenfalls angebrachter gewesen.

Andererseits sind Trost nicht Cobra Killer, wo Annika Line Trost zusammen mit ihrer Mitstreiterin Gina V. Dorio und einem Sampler in der Regel ein wüstes Nummernprogramm herunterreißt. Trost ist der Gegenentwurf zu Cobra Killer, ein gepflegtes Croonerinnen-und-Sängerinnen-Projekt; Musik, die in unmittelbarer Nachfolge von Anita Lane, den Bad Seeds oder Crime & The City Solution steht. Auf „Trust Me“, dem inzwischen zweiten Trost-Album, finden sich zum einen staubige, Western-inspirierte Songs mit leichtem Blues-Einschlag und zarten Xylophon- oder nicht ganz so zarten Bläser-Einsprengseln; Songs wie „Cowboy“, „Man On The Box“ oder „Neonlight Deadland“, die etwa Simon Bonneys erster Soloplatte „Forever“ oder Nick Caves „From Her To Eternity“ alle Ehren erweisen. Zum anderen die unverfroren in den dunklen Kammern der Seelen wühlenden Stücke, Stücke wie „I Was Wrong“ oder „Black“, wo der Gesang von Annika Line Trost alles dominiert, ein Gesang zwischen pieps, tief und miez, zwischen Françoise Hardy und gehaucht.

Dass auch ein bisschen Quatsch sein muss, rundet das gute Gesamtbild zumindest des Albums nur ab: Songzeilen wie „Ich kann dich niemals wiedersehen, denn du erinnerst mich an dich“ oder „Die Treppe ist viel zu hart zum Schlafen“ beispielsweise und auch das eigenartige Hit-Stück „Guy Le Superhero“, das nicht nur wegen der französischen Lyrics stark an Stereo Total erinnert. Inspiration muss sein, aber so viel Anlehnung hat Trost gar nicht nötig. Sie ist auf ihrem eigenen Planeten schon ganz gut unterwegs. GERRIT BARTELS

Trost: „Trust Me“ (Four Music)