Ruppig gegen Radler

Polizei in Göttingen misst bei WM-feiernden Autofahrern und Fahrraddemonstranten mit zweierlei Maß

GÖTTINGEN taz ■ Wenn Deutschland bei der Weltmeisterschaft gewinnt, kennen auch viele Göttinger Autofahrer keine Verkehrsregeln mehr. Kolonnen mehr oder weniger tief gelegter Autos liefern sich riskante Rennen durch die Innenstadt, wilde Hupkonzerte dröhnen bis in die frühen Morgenstunden. Die Polizei schaut dem Treiben meist nur zu – die Beamten beschränkten sich nach den Spielen auf notdürftige Verkehrsregelung.

So viel Entgegenkommen seitens der Polizei erfuhren die Teilnehmer einer Fahrraddemonstration am vergangenen Wochenende nicht. Rund 40 Menschen waren zum Quartier der mexikanischen Mannschaft in einem außerhalb gelegenen Hotel geradelt, um dort eine Resolution gegen Menschenrechtsverletzungen in Mexiko zu überbringen. Ein großes Polizeiaufgebot hinderte eine Abordnung der Demonstranten jedoch am Zutritt zur Herberge.

Auch zum geplanten Abschluss der friedlichen Aktion vor einer Göttinger Stadtteil-Kirche kam es nicht. Die ankommenden Radfahrer seien von einer Hundertschaft in Kampfausrüstung „regelrecht überfallen“ worden, berichten Augenzeugen. Die von dem ruppigen Einsatz völlig überraschten Demonstranten mussten ihre Namen zu Protokoll geben, gegen den Anmelder der Demonstration leitete die Polizei noch vor Ort ein Ermittlungsverfahren ein.

Als Grund gaben die Beamten an, einige Radfahrer hätten sich nicht an die Auflage gehalten, bei der Rückfahrt vom Hotel nur eine Fahrbahn der Ausfallstraße zu benutzen. REIMER PAUL