Dominikus Müller schaut sich in den Galerien von Berlin um

Heute gibt’s gleich zweimal „letzte Chance“: letzte Chance, zwei Ausstellungen zu sehen, in deren beider Zentrum das Prinzip Malerei steht und die beide am kommenden Samstag schließen. Dass sie trotzdem ziemlich unterschiedlich sind, liegt schon daran – will man einmal ganz unten anfangen –, dass die eine eine Gruppenausstellung ist und die andere eine Einzelpräsentation. Bei Ersterer handelt es sich um die von Hilton Als und Peter Doig kuratierte Ausstellung „Self Conciousness“ in den großzügigen Hallen von VW (VeneKlasen/Werner). Es geht um das Prinzip des „Porträts“, darum also, sich ein Bild von seinen Mitmenschen zu machen, und vielleicht auch noch darum, in einem zweiten Schritt einen reflektierten Blick auf sich selbst zu werfen. Was man dann aber zu sehen bekommt, ist eine mehr oder weniger überzeugende Flut von Bildern, aus nahe dran am Konzept und weiter weg, eine wilde Mischung aus Alt und Neu, aus großen und weniger großen Namen. Im Ganzen gelingt es der Ausstellung aber nur höchst selten, aus diesem bewusst gewählten Chaos produktive Funken zu schlagen, denn allzu nachlässig geht sie mit ihrem Konzept um. An einigen Stellen funktioniert sie trotzdem blendend: etwa wenn ein beinahe 100-jähriges Bild von Félix Vallotton neben einem verstörend androgynen Porträt des unbekannten Boscoe Holder aus Trinidad hängt. Als komplett gelungen kann man dagegen die Ausstellung von Jo Baer bezeichnen. Baer, die in den 1960er-Jahren als beinharte Minimalistin und super konsequente Hardedge-Malerin bekannt wurde, hat in den 1980ern radikal den Kurs gewechselt – Konzentration statt Uferlosigkeit also. Ihre neuesten Arbeiten, teilweise unglaublich ephemere, weiche und mit allerlei Mythen aufgeladene figurative Malerei, sind jetzt in der Galerie Barbara Thumm zu bestaunen – bis Samstag noch.

■ „Self Consciousness“, kuratiert von Hilton Als und Peter Doig, VW (VeneKlasen/Werner), Rudi-Dutschke-Str. 26, Mo–Sa 11–18 Uhr, bis 26. Juni

■ Jo Baer, Galerie Barbara Thumm, Markgrafenstr. 68, Mo–Sa 11–18 Uhr, bis 26. Juni