Terrorprozess in Stammheim eröffnet

Seit gestern stehen in Stuttgart-Stammheim drei Terrorverdächtige vor Gericht: Als Iraks früherer Präsident Allawi Deutschland besuchte, sollen sie einen Anschlag geplant haben. In München läuft ein Prozess gegen zwei weitere mutmaßliche Terroristen

VON HEIDE PLATEN

Im Hochsicherheitssaal in Stuttgart-Stammheim hat vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts der Prozess gegen drei mutmaßliche irakische Terroristen begonnen. Die Bundesanwaltschaft wirft ihnen vor, Mitglieder einer ausländischen terroristischen Vereinigung, der nordirakischen Terrorgruppe Ansar al-Sunna, zu sein.

Die drei sollen gemeinsam einen Anschlag auf den damaligen irakischen Präsidenten Ijad Allawi geplant haben. Der Regierungschef sollte während seines Staatsbesuches am 3. Dezember 2004 als Gast einer Veranstaltung der Deutschen Bank in Berlin getötet werden.

Ausführen wollte die Tat der in Berlin lebende Rafik Y., 31. Die Order dazu soll vom Hauptangeklagten, dem Chef der süddeutschen Sektion, Ata A., 32, aus Stuttgart gekommen sein. Ata A. sei Rädelsführer des logistischen, süddeutschen Unterstützernetzwerkes der vorwiegend kurdischen Gruppe und pflege deren internationale Kontakte. Mitangeklagt ist außerdem der 26 Jahre alte Mazen H. aus Augsburg, der der „Vertraute“ von H. gewesen sein soll. Die drei Männer sollen außerdem Geld gesammelt und Mitglieder für die 2001 als Ansar al-Islam gegründete radikalislamistische Gruppe rekrutiert haben.

Ermittler hatten seit längerem den Telefon- und E-Mail-Verkehr der drei überwacht und aus deren Inhalt auf eine „strafbare Übereinkunft zur Tötung“ Allawis geschlossen. Anti-Terror-Einheiten nahmen sie am Morgen des 3. Dezember fest. Sie gingen damals von einer „erheblichen Gefährdung“ Allawis aus. Das Attentat sei „in letzter Minute“ verhindert worden. Ende November habe Rafik Y. seinen süddeutschen Chef Ata A. um Erlaubnis für die Tat gebeten und diese am 2. Dezember erhalten. Er habe dann, nachdem ihm dafür Geld versprochen worden sei, den Tatort ausgespäht. Bei der Durchsuchungen von Wohnungen in den drei Städten fanden sich jedoch keine weiteren Beweise.

Zum Prozessbeginn beschwerten sich die sechs Verteidiger darüber, dass auch sie vor dem Einlass in den Saal durchsucht worden waren. Sie forderten, dies entweder zu beenden oder aber die Anklagevertreter ebenfalls zu kontrollieren. Außerdem verlangten sie für zwei Mandanten die Übersetzung in die arabische Sprache, weil sie kein Kurdisch verstünden.

Zeitgleich begann gestern auch vor dem Münchner Oberlandesgericht das Verfahren gegen zwei weitere mutmaßliche Mitglieder von Ansar al-Sunna mit turbulenten Szenen. Sie waren vor einem Jahr in Nürnberg verhaftet worden.

Die beiden sind angeklagt, als Unterstützer Geld für Anschläge der Organisation gesammelt und in den Irak geschleust zu haben. Dabei habe einer der beiden allerdings vorwiegend in die eigene Tasche gewirtschaftet. Er trat mit einer Pappmaske auf. Beide kündigten an, dass sie sich zur Tat nicht äußern werden. Hauptbelastungszeuge in beiden Prozessen soll der im Januar in München zu sieben Jahren Haft verurteilte Emir Lokman Mohammed sein.