Freigabe geht nicht in die Verlängerung

Zukunft der Heroinambulanzen: Die Bundesdrogenbeauftragte wirft der CDU vor, durch die Blockade der kontrollierten Heroinabgabe das Leben der Abhängigen zu gefährden. Ambulanzen in Hamburg und Hannover nur bis Jahresende gesichert

von MARCO CARINI

Sabine Bätzing (SPD) nahm kein Blatt vor dem Mund. Als die Drogenbeauftragte der Bundesregierung gestern die Heroinambulanz am Hamburger Högerdamm besuchte, kritisierte sie in scharfer Form die Blockadepolitik der Bundes-CDU im Streit um die kontrollierte Heroinfreigabe für Schwerstabhängige. „Ideologische Gräben“ bei den Gesundheitspolitikern der Union, so Bätzing, gefährdeten die Existenz der sieben bundesdeutschen Heroinambulanzen, darunter je eine in Hamburg und Hannover.

Denn nur durch eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes könnte das Pilotprojekt, das Bätzing zufolge „Menschenleben rettet“, weitergeführt werden. „Wir warten auf ein politisches Signal der CDU, doch zur Zeit gibt es dort keine Gesprächsbereitschaft.“ Alle Angebote, „sich vor Ort über die Arbeit der Heroinambulanzen überhaupt erst einmal zu informieren“, hätten die Unionspolitiker aber bislang stets „abgeblockt“, sagte Bätzing.

In einem bundesweiten Pilotprojekt testen sieben Großstädte seit 2002 die kontrollierte Heroinabgabe an mehr als 1.000 Schwerstabhängige. Da das Modellprojekt, das ursprünglich bereits im vergangenen Juni auslaufen sollte, nur bis Ende des Jahres verlängert wurde, droht nun auch den Heroinambulanzen in Hamburg und Hannover in sechs Monaten das endgültige Aus.

„Das Projekt läuft 2006 definitiv aus, weitere Mittel für seine Fortführung sind im niedersächsischen Haushalt nicht eingeplant“, sagt der Sprecher des niedersächsischen Gesundheitsministeriums, Thomas Spieker. Allerdings habe die Landesregierung „noch Hoffnung, dass es zu einer Einigung der Berliner Koalitionspartner“ komme, durch die die kontrollierte Heroinabgabe legalisiert werde.

Denn das Pilotprojekt werde vom niedersächsischen Kabinett „als sinnvoll anerkannt“ und seine Ergebnisse erfüllten die Landesregierung „mit Zuversicht“. Deshalb wirke sein Ministerium „in den Gesprächen auf Bundesebene darauf ein“, so Spieker, dass die Heroin-Therapie legalisiert und von den Krankenkassen bezahlt werde.

Keinen Rückenwind für Heroin auf Rezept gibt es hingegen von der Hamburger CDU-Regierung. „Es gibt viele kritische Fragen zu dem Pilotprojekt, die wir noch diskutieren müssen“, erklärt hier der Gesundheitsbehördensprecher Hartmut Stienen. Die Ergebnisse der Begleitstudie seien aus Sicht der Gesundheitsbehörde „nicht so eindeutig positiv“, wie deren Autoren es darstellten. So sei ein Aus für die kontrollierte Heroinabgabe in Hamburg „zum Jahresende möglich“. Denn auch die Hansestadt hat in ihrem Haushalt keine Mittel für die Fortführung des Projekts vorgesehen.

Das Aus für die Heroinambulanzen – aus Sicht ihrer Betreiber wäre es ein Ende mit Schrecken. „Wir befürchten, dass zumindest einige der Abhängigen ein abruptes Ende der Therapie nicht überleben“, warnt die Hamburger Projektleiterin Karin Bonorden-Kleij. Auch der Suchtforscher Christian Haasen befürchtet, dass vielen Patienten „der Boden unter den Füßen weggerissen wird“. Katja Husen, grüne Suchtexpertin in der Hamburger Bürgerschaft, fordert, dass die Hamburger CDU sich im Bund für eine Fortsetzung der Heroinabgabe stark macht, da mit Beendigung des Projekts „hunderte schwerkranke Süchtige vor dem Nichts“ stünden. Sabine Bätzing jedenfalls will weiterkämpfen: „Wir haben die ethische Verpflichtung diesen Menschen zu helfen und das Überleben zu sichern.“