Exkursion durch die Welt des Unmöglichen

Das Überraschungsteam aus Angola ist nach dem 1:1 gegen den Iran ausgeschieden und freut sich dennoch über die „historische Erfahrung“

LEIPZIG taz ■ Luis Oliveira Gonsalves wollte sich nicht auf die Trainerbank setzen. Der Coach des angolanischen Nationalteams stand an der Seitenlinie. Er ging auf und ab und schien die Aussicht zu genießen. Als der australische Schiedsrichter Mark Shield das Spiel seiner Mannschaft gegen den Iran abpfiff, endete für ihn und seine Auswahl eine besondere Reise, eine Exkursion durch die Welt des Unmöglichen. Das Märchenbuch ist geschlossen, das letzte Kapitel bescherte Luis Oliveira Goncalves immerhin ein 1:1 (0:0) gegen den Iran, den zweiten Punkt und das erste Tor der angolanischen WM-Geschichte.

Die Angolaner glaubten nicht mal selbst an die Chance auf das Achtelfinale. Sie hatten ihr Hotel nur für die Vorrunde gemietet. Den 3.000 angolanischen Fans im Leipziger Zentralstadion war das egal. Sie trommelten, sangen und feierten, als stünde ihr Team im Endspiel. Gonsalves und seine Spieler werden nun wehmütig zurückschauen. „Für uns war das eine historische Erfahrung, die wir niemals vergessen werden“, sagte Gonsalves. Er hat einige bemerkenswerte Spuren hinterlassen: Es war hochinteressant, die Angolaner gegen die technisch weit überlegenen Portugiesen (0:1) und Mexikaner (0:0) spielen zu sehen. Gonsalves erlag nicht der Versuchung, hemmungslos nach vorne spielen zu lassen, denn dazu ist sein Team nicht in der Lage.

Gonsalves beließ es auch gegen den Iran bei einer gemäßigten Offensive. Die Geduld zahlte sich aus. Flavio erzielte die Führung (60.). Gonsalves hatte wie immer eine sperrige Abwehr und ein kompaktes Fünfer-Mittelfeld auf den Rasen geschickt, die Iraner rannten munter durch den Parcours, mehr als den Ausgleich durch Sohrab Bakhtiarizadeh (75.) brachten sie nicht zustande.

Ob das Kalkül des Trainers und der Mut der Spieler belohnt werden, wird sich zeigen, wenn das Schaufenster WM geschlossen ist. Dann beginnt die Drangphase der Spielerberater, die nichts lieber haben als günstige Kicker mit hoher Begabung. Sie dürften fündig werden. Die meisten Spieler verdienen ihr Geld in unteren Ligen. Torhüter Joao Ricardo, gegen Mexiko Spieler des Tages, und Stürmer Akwá sind derzeit ohne Verein. Vielleicht treten sie bei der WM 2010 in Südafrika erneut auf die große Fußball-Bühne. Das Märchenbuch kann sicherlich noch einige Kapitel verkraften. RONNY BLASCHKE

Iran: Mirzapour – Kaabi (67. Borhani), Bakhtiarizadeh, Rezaei, Nosrati (13. Shojaei) – Teymourian, Zandi – Mahdavikia, Madanchi, Hashemian (39. Khatibi) – DaeiAngola: João Ricardo – Locó, Jamba, Kali, Delgado – Zé Kalanga, Figueiredo (73. Rui Marques), Mateus (23. Love), Mendonça, Miloy – Akwá (51. Flavio)Schiedsrichter: Mark Shield (Australien)Zuschauer: 38.000Tore: 0:1 Flavio (60.), 1:1 Bakhtiarizadeh (75.) Gelbe Karten: Madanchi, Teymourian / Loco, Mendonça, Zé Kalanga