„Bei Entlassungen brennt die ganze Region“

Opel-Betriebsrat Rainer Einenkel über das Versagen der Landesregierung und die Erpressung des Managements

taz: Herr Einenkel, bei Opel herrscht schon wieder Angst vor Entlassungen. Wie sicher sind die Arbeitsplätze im Werk Bochum?

Rainer Einenkel: Das Management hat 2005 die Vernichtung von 2.820 Arbeitsplätzen in Bochum beschlossen. Davon müssen noch 400 abgebaut werden. Das Management versucht zwar, dies sozialverträglich zu tun, droht aber auch mit betriebsbedingten Kündigungen.

Von der Streichung einer ganzen Schicht ist aber auch die Rede.

Im Werk Ellesmere Port in Großbritannien, das wie wir den Astra produziert, verlieren 1.000 Menschen ihre Arbeit. Und in den nächsten Jahren stehen weitere Produktionsanpassungen an – das Problem der Streichung einer ganzen Schicht ist ganz akut. Zwar haben wir Schutzelemente für Bochum durchgesetzt. Aber der Opel-Mutterkonzern General Motors bleibt unberechenbar.

Welche Schutzelemente?

Wir produzieren mittlerweile drei Modelle: Den Asta-Fünftürer, den Astra Caravan und den Zafira. Damit kann das Bochumer Werk gut auf Marktschwankungen reagieren. Gleichzeitig haben wir die Zusage, dass es über die 2.820 vernichteten Arbeitsplätze hinaus keine betriebsbedingten Kündigungen gibt. Bei Wegfall einer ganzen Schicht aber müssten 1.000 weitere Arbeitsplätze gestrichen werden. Außerdem haben wir dem Management klargemacht, dass hier nicht nur zwölf Stunden gestreikt wird, wenn hier eine ganze Schicht gestrichen wird. Die Bevölkerung hier im Revier wird Massenentlassungen zu verhindern wissen. Dann brennt die ganze Region.

Der Landesregierung werfen Sie Versagen vor.

Die Landesregierung tut einfach nichts – scheinbar als Retourkutsche, weil nicht viele Opelaner CDU oder FDP gewählt haben. Niemand aus der Landesregierung bemüht sich, mit den Beschäftigten, mit dem Betriebsrat oder der Werksleitung ins Gespräch zu kommen. Auch CDU-Wirtschaftsministerin Christa Thoben habe ich nie ausdrücklich gelobt – aber sie war wenigstens einmal hier vor Ort. Das hätte ich von dem Ministerpräsidenten nach einem Jahr im Amt auch erwartet.

Was fordern Sie konkret?

Ich erwarte Investitionen in die Infrastruktur der Region. Denken Sie doch nur an die Bochumer Ruhr-Universität. Die Wissenschaftler und Studenten dort müssten viel stärker mit der für das Ruhrgebiet immens wichtigen Automobilindustrie vernetzt werden. Das ist doch Aufgabe jeder Ebene von Politik.

Dennoch spielt das Management von General Motors west- und osteuropäische Regierungen im Kampf um immer mehr Subventionen gegeneinander aus. Ist die Produktion in Westeuropa, in Bochum überhaupt zu halten?

Der Erpressungsdruck des Managements auf die Werke untereinander wird immer größer, stimmt. Lohnkosten sind aber nicht alles – Faktoren wie qualifizierte, flexible Mitarbeiter oder eben eine gute Infrastruktur spielen eine immer wichtigere Rolle. Und dem Management muss auch klar sein: Wir lassen uns das Werk nicht einfach wegnehmen.

INTERVIEW: A. WYPUTTA