Manilas schmutziger Krieg gegen Linke

Die Regierung der angeschlagenen Präsidentin Arroyo bläst zum Krieg gegen die maoistische Guerilla. Doch in erster Linie werden linke AktivistInnen legaler Nichtregierungsorganisationen Opfer mutmaßlicher Todesschwadronen des Militärs

VON SVEN HANSEN

Als der 37-jährige Eladio Dasi-an am Dienstag mit seinem Motorrad im Ort Guihulngan in der zentralphilippinischen Provinz Negros Oriental unterwegs ist, wird er von einem Jeep angefahren. Dessen vier maskierte Insassen steigen aus und erschießen den ehrenamtlichen Mitarbeiter der linken Menschenrechtsorganisation Karapatan. Er soll zuvor Morddrohungen erhalten haben, wie die Zeitung Philippine Daily Inquirer unter Berufung auf einen Kollegen des Opfers berichtet. Die Polizei bestätigt den Mord, fügt aber relativierend hinzu, das Opfer sei ein in die Legalität zurückgekehrter Exguerillero der maoistischen Neuen Volksarmee (NPA).

Zurzeit werden in dem südostasiatischen Land fast täglich linke Aktivisten ermordet. So wurden Montag in Kidapawan auf der südlichen Indel Mindanao zwei Radiojournalisten, das Ehepaar George und Mazel Vigo, von Maskierten erschossen. Die beiden waren auch in linken Organisationen aktiv. Am Samstag zuvor wurde in der Stadt Oroquieta, ebenfalls in Mindanao, der kirchliche Landreformaktivist Tito Marata, erschossen.

Der Philippine Daily Inquirer zählt mindestens 232 Aktivisten, die seit Amtsantritt von Präsidentin Gloria Macapagal Arroyo im Januar 2001 von Unbekannten getötet wurden. Zudem wurden in dieser Zeit 44 Journalisten getötet (siehe Kasten). Die Menschenrechtsorganisation Karapatan zählt gar über 680 Morde an linken Bauernführern, Gewerkschaftern, Anwälten, Kirchenleuten und Basisaktivisten. Das besonders Erschreckende: Fast niemand wurde für die Morde zur Rechenschaft gezogen.

Die meisten Beobachter sehen hinter den Morden eine Strategie des Militärs gegen mutmaßliche Sympathisanten der Kommunistischen Partei (CPP) und ihrer Guerilla NPA. Die Regierung, die jüngst für die Abschaffung der Todesstrafe von Menschenrechtsorganisationen gelobt wurde und im neuen UN-Menschenrechtsrat sitzt, kümmern die Aktivistenmorde und deren mangelnde Aufklärung wenig. Arroyo wirft vielmehr ihren Kritikern vor, mit dem Thema Menschenrechte ihre Regierung international zu „dämonisieren“.

Seit im vergangenen Jahr Tonbänder Arroyo belasteten, die Auszählung der Präsidentschaftswahl 2004 beeinflusst zu haben, ist sie angeschlagen. Zwar überstand sie ein Amtsenthebungsverfahren, doch hat sie jede moralische Autorität verloren. Vorige Woche trat sie deshalb erneut die Flucht nach vorn an und kündigte an, bis Ende 2008 die maoistische Guerilla zerschlagen zu wollen.

In den Philippinen habe seit der Marcos-Diktatur der Antikommunismus keiner Regierung geholfen, ihre Popularität zu steigern, schrieb dazu der angesehene Kommentator Amando Doronila im Inquirer. Vielmehr mache sich die Regierung so zur Geisel des Militärs und gefährde sich selbst stärker als die Kommunisten.

Die CPP und NPA überlebten seit Ende der Sechzigerjahre alle Regierungen, weil diese nie ernsthaft gegen die weit verbreitete Armut vorgingen. Dabei geriet Anfang der 90er Jahre die 1986 noch 25.000 bewaffnete Kämpfer zählende Untergrundbewegung in eine schwere Krise, weil sie sich aus ideologischen Gründen gespalten hatte. Ein gemäßigter Teil gab den bewaffneten Kampf auf und konzentriert sich seitdem auf die Arbeit in legalen Parteien und sozialen Bewegungen.

Die militantere Fraktion reorganisierte sich im Untergrund und konnte die bis auf 7.000 Kämpfer reduzierte NPA inzwischen wieder auf 9.000 steigern. Während Friedensgespräche scheiterten, konnte die CPP das Netz von ihr beeinflusster legaler Organisationen stärken und hat heute mit fünf Abgeordneten ihr nahe stehender Parteilisten auch Einfluss im Kongress.

Diese Politiker sprach kürzlich ein Gericht vom Vorwurf der Rebellion frei. Es sind jetzt Aktivisten dieser legalen Parteien und ihr nahe stehenden Organisationen, die hauptsächlich ermordet werden. „Die Regierung provoziert uns,“ meint Roberto de Castro vom Linksbündnis Bayan. Es ginge darum, linke Aktivisten in den bewaffneten Untergrund zu treiben und damit angestrebte Verbote ihrer Organisationen sowie die Ermordung ihrer Mitglieder zu rechtfertigen.