Obamas Finanzreform auf der Zielgeraden

KRISENLEHREN Überraschend einigt sich der Vermittlungsausschuss von US-Senat und -Repräsentantenhaus doch noch auf eine bessere Regulierung der Finanzmärkte. Sie ist deutlich schwächer als der erste Entwurf

WASHINGTON rtr/dpa | Kurz vor dem Beginn des G-20-Gipfels am heutigen Samstag hat sich US-Präsident Barack Obama noch schnell einen Vorteil vor den anderen Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer verschafft: Am Freitag in den frühen Morgenstunden einigten sich die Mitglieder des Vermittlungsausschusses von Senat und Repräsentantenhaus auf einen gemeinsamen Gesetzentwurf zur Reform der Finanzmärkte. Er sieht schärfere Kontrollen für Finanzinstitute, mehr Macht für Kontrolleure und größeren Schutz für Verbraucher vor. Eine bessere Regulierung der Branche steht in Toronto ganz oben auf der Tagesordnung der G 20.

In den Verhandlungen hatten Abgeordnete und Senatoren zwar zentrale Vorgaben abgeschwächt. Trotzdem gilt das Gesetz als die bislang umfangreichste Lektion aus der Krise. Es muss noch einmal in beiden Kammern des US-Parlaments abgestimmt werden. Erwartet wird, dass dies zügig und ohne Änderungen geschieht. Damit könnte Obama die Reform wie erhofft noch vor dem Nationalfeiertag am 4. Juli unterzeichnen.

Vorgesehen ist eine neue Verbraucherschutzbehörde unter dem Dach der US-Notenbank. Ein Regulierungsrat soll dazu über mögliche Risiken für das Finanzsystem wachen. Die Regierung erhält zudem neue Vollmachten, kollabierende Finanzinstitutionen zu übernehmen und abzuwickeln.

Einer der letzten Knackpunkte im Vermittlungsausschuss war die Forderung nach mehr Transparenz vor allem im milliardenschweren Derivatehandel. Diese sogenannten abgeleiteten Finanzprodukte gelten als Brandbeschleuniger der Krise, die mit dem Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 ihren Höhepunkt hatte. Der Kompromiss sieht nun vor, dass US-Banken auch in Zukunft große Teile des lukrativen Geschäfts betreiben dürfen und nur einen kleineren Bereich auslagern müssen. So bleiben ihnen Swap-Geschäfte auf die Entwicklung von Devisen und Leitzinsen, Gold und Silber sowie zur Absicherung ihrer eigenen Risiken erlaubt. Abtrennen müssen sie aber Derivate auf landwirtschaftliche Produkte, Energie und Metalle, Aktien-Swaps und eine Reihe von CDS-Geschäften zur Versicherung gegen Zahlungsausfälle. Die Branche war gegen eine umfangreiche Abtrennung der Geschäfte Sturm gelaufen, unter anderem aus Sorge, gegenüber ausländischen Anbietern in Nachteile zu geraten.

Der Vermittlungsausschuss schwächte in den vergangenen zwei Wochen auch die Vorgaben für die Ratingagenturen und geplante Einschnitte in die Macht der Notenbank Fed ab. In all diesen Punkten war der erst im Mai verabschiedete Gesetzentwurf des Senats deutlich strenger ausgefallen als der Vorschlag des Repräsentantenhauses, der seit Dezember vorlag.