SIBEL KEKILLI, BALD BEIM TATORT
: Die Richtige

■  wohnt in Hamburg und engagiert sich bei Terre des Femmes. Sie dreht gerade den neuen Kieler Tatort. Foto: dpa

Einige der Hamburger Offszene sind in den vergangenen Monaten im Mainstream angekommen: Fatih Akin, Jan Delay, Benny Adrion. Das Wasser ist, wo der Mainstream fließt, süßer und wärmer, aber es strömt auch ein wenig schneller. Von Untiefen und Krokodilen gar nicht zu reden. Wie zu hören ist, plant der NDR die im Kieler „Tatort“ neben Axel Milberg alias Klaus Borowski frei gewordene Stelle durch Sibel Kekilli zu besetzen. Sind wohl doch noch einige beim NDR wach.

Maren Eggert, die als Psychologin Frieda Jung Dialektik und Überraschungsmomente und sogar eine scheue Liebe in den Tatort brachte, war an Ostermontag in „Tango für Borowski“ zum letzten Mal zu sehen.

Kekilli, vor ein paar Tagen 30 geworden, kam in Heilbronn auf die Welt. Nach der Mittleren Reife arbeitete sie als Verwaltungsfachangestellte im Dezernat für Abfallbeseitigung der Stadtverwaltung Heilbronn. Volljährig geworden kündigte sie und zog nach Essen. Nun wurde das Leben abwechslungsreich. Sie arbeitete als Verkäuferin, Türsteherin, Putzfrau, Geschäftsführerin eines Nachtclubs, Kellnerin, Promoterin, Pornodarstellerin, Fotomodell.

Lebenserfahrung ist eine gute Voraussetzungen, um Schauspielerin zu werden. Gutes Aussehen auch. Im Jahr 2002 wurde sie in einem Kölner Café von einer Casterin gefragt, ob sie im Film „Gegen die Wand“ von Fatih Akin mitspielen wolle. Gegen hunderte von Mitbewerberinnen setzte sie sich durch. Was sie in und mit diesem Film macht ist atemberaubend. Als „Gegen die Wand“ bei der Berlinale 2004 den „Goldenen Bären“ bekam, startete Bild, – journalistisch und überhaupt die moralische Instanz dieses Landes, – eine Kampagne, in der Pornofilme eine Hauptrolle spielten. Ideal: Redakteure und Leser konnten sich angesichts der Bilder aus den Pornos einen runterholen und sich moralisch echauffieren. Eine win-win-Situation.

Der Deutsche Presserat rügte Bild, die fixen Jungs von der Rudi-Dutschke-Straße in Berlin brauchten 16 Monate, um die Rüge abzudrucken.

Die Karriere von Kekilli war nicht aufzuhalten. Sie spielte in deutschen und internationalen Filmen mit, war im Fernsehen zu sehen, wurde mit Preisen überhäuft. Zuletzt für die Darstellung der Kurdin Umay im Film „Die Fremde“. Mit ihr hat der NDR mal was richtig gemacht. ROR