„Monopoly an den Börsen“

Die Stimmung bei den Bremer Stahlwerken ist selbstbewusst abwartend, sagt der Betriebsratssprecher

taz: Mittal steigt bei Arcelor ein. Herrscht Krisenstimmung auf der Bremer Hütte?

Markus Bendig: Nein. Wir warten erst einmal ab, was am Freitag die Aktionäre sagen. Aber wir sehen erst einmal keine Gefahr für Arbeitsplätze hier. Es soll ja ein Bestandsrahmen für die europäischen Arcelor-Werke verabredet worden sein. Was auf Mittal-Seite passiert, wissen wir noch nicht. Da gab es eher Meldungen über Stellenabbau. Das würde aber nicht die Arcelor-Standorte betreffen.

Arcelor hat weltweit über 90.000 Mitarbeiter, Mittal über 200.000. Warum hat Mittal nicht die Mehrheit des Arcelor-Konzerns übernommen?

Mittal produziert mehr Stahl in der Menge, aber weniger im Wert. 2005 hat Mittal mit 227.000 Menschen einen Gewinn von 2,7 Milliarden Euro gemacht, Arcelor mit 93.000 Mitarbeitern aber 3,8 Milliarden Gewinn.

Wie viele Arbeitsplätze wurden bislang abgebaut?

Als 2002 der Bremer Senat noch mitverhandelt hat und die Fusion zur Gründung von Arcelor führte, waren wir noch 4.800 hier. Vor drei Jahren wurde uns gesagt, wir müssten weit mehr Personal abbauen und die Produktion herunter fahren auf 2,6 Millionen Jahrestonnen. Jetzt sind es 3,6 Millionen Jahrestonnen, bei 3.700 Kollegen.

Dass Mittal die indischen Lohnkosten gegen europäische Jobs ausspielt, ist nicht zu befürchten?

Der hat in Indien keine Stahlwerke. Mittal ist indischer Abstammung, sitzt aber in London. Seine Stahlwerke sind in Polen, in der Ukraine und den USA. Seine deutschen Standorte sind Hamburg und Duisburg.

Und die Produktivität in der Ukraine?

Das Stahlwerk da hat 50.000 Mitarbeiter.

Stahlarbeiter?

Nein, das geht bis zum Schwimmbad, zur Schule. Und das ist auch anderer Stahl. Audi oder BMW kann man aus der Ukraine nicht beliefern.

Welchen Anteil machen die Lohnkosten heutzutage an den Stahl-Kosten aus?

Nur zwischen 12 und 20 Prozent.

Der Arcelor-Aktienpreis ist über die Verhandlungen hochgetrieben worden. Was bedeutet das für die Beschäftigten?

Alles, was an die Aktionäre ausgezahlt wird, müssen die Belegschaften erwirtschaften. Das ist bei diesem Monopoly an den Börsen leider so. Fragen: kawe