portrait
: Indiens heldenhafter Stahlbaron

In Indien ist Lakshmi Narayan Mittal ein Held. Einer, der es aus einfachen Verhältnissen zu einem der reichsten Männer der Welt gebracht hat. Einer, der in seinem Schloss in London die Staatsmänner der Welt zu Tisch bittet, der das notorische Minderwertigkeitsgefühl der indischen Nation Lügen straft. Sein Vorname wird auch als Lakshmi Niwas kolportiert, was etwa „Wohnort von Lakshmi“ heißt. Lakshmi ist die Hindu-Göttin des Reichtums!

Der Mann scheint stets zu lächeln. Sein Auftreten wirkt im Gegensatz zu den grauen Herren des Big Business lausbubenhaft. Selten gibt er Interviews. Auch während der Übernahmeschlacht um Arcelor hielt er sich mit Kommentaren zurück. „Wir sind hier nicht im Krieg, wir wollen nur mehr Vermögen für die Aktionäre schaffen“, erklärte er seine feindlichen Übernahmeversuche. Die Reaktionen mancher Europäer „erfüllten ihn mit Traurigkeit, denn sie könnten als rassistisch interpretiert werden“.

Als Lakshmi Mittal im Juni 1950 in einem kleinen Dorf im Wüstenstaat Rajasthan geboren wurde, war sein Vater ein kleiner Fabrikant. Die Familie zog 1960 nach Kalkutta, wo Lakshmi am renommierten St. Xavier's College Betriebswirtschaft studierte. Danach schickte der Vater ihn nach Indonesien, um ein erworbenes Stahlwerk zu sanieren. Nach einem Familienstreit entschied Lakshmi, sich auf das Auslandsgeschäft zu konzentrieren, und begann, seinen Erfolg von Indonesien in anderen Ländern zu wiederholen. In Lateinamerika und Osteuropa kaufte er marode Stahlschmelzen und verwandelte sie in florierende Unternehmen. 1995 kaufte er die Hamburger Stahlwerke. Heute gilt Mittal Steel als das mengenmäßig größte Stahlunternehmen der Welt, dessen Reich sich von China über Kasachstan, Osteuropa bis nach Kanada, USA und Lateinamerika erstreckt. Sein Konzern ist in Rotterdam registriert, Mittals Familie wohnt in Londoner Nobelviertel Kensington. Der Migrant Mittal ist der reichste Mann in Großbritannien und laut Forbes-Magazin der fünftreichste der Welt. So bescheiden, wie er sich manchmal gibt, ist Mittal nicht. Für seine Londoner Residenz zahlte er umgerechnet mehr als 100 Millionen Euro. 2004 arrangierte er für seine Tochter Vanisha eine indische Hochzeit in den Schlössern von Versailles. Sein Sohn Aditya heiratete 1998 in Kalkuttas Victoria Memorial, dem Symbol der britischen Kolonialherrschaft.

Die Demonstration seines Reichtums ist nicht nur seiner Biografie als Aufsteiger zuzuschreiben, sondern soll zeigen, dass sich die Macht- und Vermögensverhältnisse der Welt verschieben. REGINE HAFFSTEDT

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