Reiche Geldquelle sorgt für Gesprächspause

NRW-Städte lehnen Gewerbesteuermodell von CDU-Finanzminister Helmut Linssen ab. Gemeinden befürchten Einnahmeverluste und beklagen sich erneut über den Kommunikationsstil der schwarz-gelben Landesregierung

DÜSSELDORF taz ■ Zu Beginn der Sommerpause legen NRW-Landesregierung und Kommunen eine Gesprächspause ein. Vertreter der Städte und Gemeinden werfen Landesfinanzminister Helmut Linssen (CDU) Sprachlosigkeit vor. Ohne Abstimmung mit den betroffenen Kommunen habe die Düsseldorfer Koalition einen Vorschlag zur Gewerbesteuerreform gemacht. „Es ist schon ungewöhnlich, dass wir nicht einmal angehört wurden“, sagte Monika Kuban, Finanzexpertin des NRW-Städtetags, gestern zur taz. „Wir sind irritiert“, sagte ein Sprecher des Gemeindebundes. Bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe war vom NRW-Finanzministerium keine Stellungnahme zu den Vorwürfen zu bekommen.

Bereits auf der letzten Hauptversammlung des Städtetags in Dortmund hatten auch CDU-Bürgermeister den Kommunikationsstil der Landesregierung kritisiert. Die mehrheitlich konservativ regierten NRW-Städte fühlen sich bei wichtigen Reformvorhaben schlecht informiert und behandelt. Diesmal hatte sich Linssen Ende vergangener Woche mit einem eigenen Vorschlag in die bundespolitische Diskussion um eine Unternehmenssteuerreform eingeschaltet. Zwar wird in Berlin über die Zukunft der Stadtfinanzen entschieden, doch der Linssen-Plan dürfte die Meinungsbildung im Bund beeinflussen.

Kern der nordrhein-westfälischen Initiative: „Abschaffung der ertragsunabhängigen Elemente der Gewerbesteuer“ sowie „Einführung einer Beteiligung der Kommunen am Lohnsteueraufkommen als kommunales Ausgleichselement“. Für die Städte und Gemeinden im größten Bundesland klingen diese Pläne wie eine Drohung. „Die Abschaffung ertragsunabhängiger Elemente ist eine nicht hinzunehmende Schwächung der wichtigsten Einnahmequelle der Kommunen“, sagt Städtetagsexpertin Monika Kuban.

Die im Reformmodell der Landesregierung angedeutete Kompensation durch eine Beteiligung der Kommunen am Lohnsteueraufkommen lehne man wegen des fehlenden Hebesatzrechts ab. Dieses Recht gibt den Kommunen bislang Gestaltungsspielraum bei der Gewerbesteuer. Um Kindergärten, Bibliotheken und Verkehrsangebote zu finanzieren, konnten die Städte den Hebesatz vor Ort eigenständig erhöhen. „Beim Linssen-Plan wären die Kommunen dagegen auf Zuweisungen des Landes angewiesen“, sagt Kuban. Die Pläne der schwarz-gelben Koalition liefen deshalb auf eine „Schwächung der kommunalen Selbstverwaltung“ hinaus.

Der Finanzminister plane „offensichtlich hoch riskante Experimente auf Kosten der kommunalen Finanzen“, sagt der grüne Landtagsabgeordnete Horst Becker. Linssen bringe einen Vorschlag zu Lasten der Kommunen in die Diskussion: „Der Ausgleich steht dagegen in den Sternen, da auch Bund und Länder vor großen Haushaltsdefiziten stehen“, so der Parlamentarier. Besser solle die Gewerbesteuer zu einer „kommunalen Wirtschaftssteuer“ ausgebaut werden, die auch Selbständige zahlen sollten.

MARTIN TEIGELER