Der Anspruch stimmt

Im Überseemuseum weiß man, wie wichtig Tabak für die Entwicklung Bremens war. Man zeigt es aber nicht

Die Sache mit dem Tabak ist ja die, dass seine Feinde derzeit die Oberhand haben. Dass die politische Diskussion von EU-Richtlinie bis Gesundheitsministerkonferenz gegen ihre Branche läuft, wissen auch die Manager der Gebrüder Kulenkampff GmbH, die 1990 vom Global-Player Universal Leaf adoptiert wurde. Vielleicht fallen deshalb die Feierstunden-Reden nicht ganz so schwungvoll aus. Aber viele Bremer Unternehmen gibt es nicht, die 200 Jahre alt wären. Und deshalb gab es nicht nur gestern einen Kulenkampff-Festakt im Überseemuseum, sondern gleichzeitig die Eröffnung der Ausstellung „200 Jahre Gebrüder Kulenkampff – 400 Jahre Tabak in Bremen“.

Konzipiert ist die Schau im Wissen, dass das Importgut Tabak neben dem Auswanderer-Geschäft wichtigster Faktor in Bremens Entwicklung zur modernen Handelsstadt war, im Wissen auch, dass im 19. Jahrhundert rund 10.000 Bremer durch die Nicotiana-Verarbeitung ihr täglich Brot verdienten. Und es ist keine Auftragsausstellung. „So etwas machen wir nicht“, sagt Kurator Hartmut Roder. Man sei, ganz im Gegenteil, aus eigenem Antrieb auf Kulenkampff zugegangen. Das macht die Sache nur umso erstaunlicher. Denn die Ausstellung ist schlicht erbärmlich.

Deponiert in Vitrinen im hintersten Raum des zweiten Stocks finden sich Tabakmohren, Meerschaum- und Porzellankopf-Pfeifen und Kontorbücher, daneben steht ein Fass mit Virginia-Tabak. Die Sachen sind datiert. Mehr nicht. Dass die Geschichte des Kulenkampff-Clans mit seinen Bürgermeistern und Showtalenten der große, ungeschriebene Bremer Familienroman ist, lässt sich nicht einmal erahnen. Mut zur Kontroverse? Fehlt auch: An aktuellen Bezügen findet sich bloß der Hinweis, dass die Droge immer wieder umstritten war. Wie exemplarisch sich am Handelsgut Tabak wechselseitige Beziehungen und Spannungen zwischen Politik und Wirtschaft darstellen ließen, müssen die Besucher selbst wissen. Denn lernen werden sie’s hier nicht.

„Die Ausstellung“, heißt es im Museumsflyer, „zeigt die wirtschaftliche Bedeutung des Tabaks für Bremen“. Der Anspruch ist löblich. Der Satz aber nicht wahr. Wahr hingegen ist: Sie hätte es tun müssen. bes