Der Preis stimmt

PATRIOT Der chinesische Multimillionär Chen Guangbiao bekräftigt sein Kaufinteresse an der „New York Times“. Sein Ziel: die Berichterstattung über China kontrollieren

Der Verkauf würde so viel Protest auf sich ziehen, dass der Ruf der Zeitung unwiderruflich zerstört wäre – Chen schert das wenig

VON FELIX LEE

Chen Guangbiao fühlt sich nicht ernst genommen. Deswegen legte der 45-jährige Multimillionär am Montag mit einem Beitrag in der chinesischen Zeitung Global Times nach: „Ich beabsichtige die Zeitung zu kaufen und bitte Sie, dies nicht als Scherz zu betrachten“, schrieb er. Chen meint damit nicht die Global Times. Sie befindet sich wie alle Zeitungen in der Volksrepublik in Staatshand und ist damit wirklich unverkäuflich. Er spricht von der New York Times.

Auch sie steht derzeit nicht zum Verkauf an, wie die Verlegerfamilie der renommierten US-Zeitung versicherte. Dennoch ist der chinesische Geschäftsmann in diesen Tagen in die USA geflogen, angeblich um den Eigentümern ein Angebot zu unterbreiten. Es gäbe nichts, was man nicht kaufen könne, sagte er. Der Preis müsse eben stimmen.

Das tut er. Der aktuelle Marktwert der New York Times wird derzeit bei 2,4 Milliarden Dollar vermutet. Gemeinsam mit zwei weiteren Investoren hat Guangbiao eigenen Angaben zufolge eine Milliarde US-Dollar eingesammelt. Damit wäre er zwar nicht der alleinige Eigentümer. Mit seiner gebotenen Summe könnte er aber zum größten Anteilseigner aufsteigen. Die Berichterstattung der New York Times ist für ihn der Hauptgrund, warum er die Zeitung übernehmen will. Er hält ihr vor, negativ und verzerrt über China zu berichten. „Wenn wir sie kaufen könnten, könnte der Ton sich ändern“, erklärte Chen.

Chen hat seine Millionen über eine Recyclingfirma verdient. Mit einem vermuteten Privatvermögen in Höhe von 826 Millionen Dollar wird er unter den 400 reichsten Menschen in der Volksrepublik gelistet. Was genau den Erfolg seiner Firma ausmacht, ist nicht bekannt. 70 Prozent seiner Belegschaft setzt sich aus ehemaligen Soldaten und Offizieren der Volksbefreiungsarmee zusammen. Gute Kontakte zur Regierung und Armee sind ihm also sicher.

Der selbst ernannte Philanthrop gibt sich nicht zum ersten Mal als feuriger Patriot. Als im vergangenen Jahr im Streit mit Japan um ein paar verlassene Inseln in zahlreichen Städten Chinas antijapanische Proteste ausbrachen und Demonstranten Autos japanischer Marken demolierten, spendete Chen den Betroffenen 800.000 Dollar. Damit sollten sie sich neue Autos chinesischer Marken kaufen. Diese Aktionen haben ihm im chinesischen Internet viele Fans beschert. Viele halten ihn jedoch auch für bekloppt.

In den USA wird es als unwahrscheinlich angesehen, dass die jetzigen Eigentümer sich auf das Angebot einlassen werden. Die Angst vor Chinas wachsendem Einfluss ist in den Vereinigten Staaten ohnehin groß. Ein Verkauf der „besten Zeitung der Welt“ an einen Chinesen, der sich auch noch ausdrücklich als regimetreu erweist, würde so viel Protest auf sich ziehen, dass der Ruf der Zeitung unwiderruflich zerstört wäre. Das schert Chen wenig. Er ist sich sicher, dass die schwindende Zahl amerikanischer Leser durch neue Kunden aus China ersetzt werden kann.

Eine chinesischsprachige Onlineausgabe gibt es seit 2012 bereits. Das Problem: Nachdem die US-Zeitung über das angebliche Familienvermögen des damaligen chinesischen Ministerpräsidenten Wen Jiabao berichtet hatte, ist sie in der Volksrepublik gesperrt.