Wechsel in Hanoi

Verjüngung der vietnamesischen Führung unter Beibehaltung des bisherigen politischen Kurses

BERLIN taz ■ Vietnams Nationalversammlung hat die gesamte Staatsführung neu gewählt. Dahinter steckt jedoch kein radikaler Politikwechsel, vielmehr nickten die Parlamentarier in dem Einparteienstaat einen seit Monaten hinter verschlossenen Türen ausgehandelten Generationswechsel ab. Neuer Staatspräsident wird Nguyen Minh Triet, 63, bisher Parteichef der südlichen Metropole Ho-Chi-Minh-Stadt. Neuer Premier ist Nguyen Tan Dung, 56, gelernter Banker und zuletzt stellvertretender Ministerpräsident.

Damit stehen gleich zwei Vertreter aus dem Süden an der Spitze. Das ist in Vietnam auch 31 Jahre nach Kriegsende mindestens von so hoher Symbolik wie die Vertretung ostdeutscher Politiker in der Bundesregierung.

Politisch gelten beide als blass. Monatelang hatten Reformer und Traditionalisten um die Besetzung der neuen Staatsspitze gestritten und sich dann auf Kompromisskandidaten geeinigt. Dagegen gilt der neue Parlamentspräsident Nguyen Phu Trong, 62, als ultrakonservativ. Der Historiker hatte in verschiedenen Ämtern über ideologische Reinheit der Parteimitglieder gewacht und war sechs Jahren Parteichef der Hauptstadt Hanoi.

Am Samstag war die alte Führungsriege geschlossen zurückgetreten. Die Vertreter einer Generation, die am Befreiungskampf gegen Franzosen und Amerikaner teilnahm und heute um die 70 Jahre alt ist, zogen sich auf eigenen Wunsch zurück. Die „Kämpfergeneration“, obwohl politisch nicht weniger zerstritten als ihre Nachfolger, vermochte bisher die divergierenden Flügel der Kommunistischen Partei, dem eigentlichen Machtzentrum in Vietnam, zusammenzuhalten. Doch inzwischen reicht das Spektrum der politischen Forderungen innerhalb der Führung von der Streichung des KP-Machtmonopols aus der Verfassung bis hin zur Bestrafung von Journalisten, die „unrichtig berichten“. Einig sind sich die KP-Kader nur in der Wirtschaftspolitik: Sie setzen auf noch mehr ausländische Investoren und ein weiter hohes Wachstum. MARINA MAI