Amadeu Antonio Stiftung

Mit dem Ziel, die demokratische Zivilgesellschaft zu stärken, unterstützt die Stiftung Initiativen, die sich konsequent gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus wenden

■ Die Stiftung wurde nach einem der ersten Todesopfer rassistischer Gewalt in Deutschland nach der Wiedervereinigung benannt. Amadeu Antonio Kiowa lebte als angolanischer Vertragsarbeiter in Eberswalde in Brandenburg. In der Nacht vom 24. auf den 25. November 1990 zog eine Gruppe von etwa 50 rechtsextremen Jugendlichen mit Baseballschlägern durch die Stadt, um Jagd auf Schwarze zu machen. In einer Gaststätte trafen sie auf drei Afrikaner, die sie verprügelten. Während zwei Mosambikaner teils schwer verletzt flüchten konnten, erwachte der 28-jährige Amadeu Antonio Kiowa nicht mehr aus dem Koma. Er starb zwei Wochen später.

„Noch vor zehn Jahren habe es als ‚unfein‘ und ‚linksextremistisch‘ gegolten, überhaupt von Problemen mit Neonazis zu sprechen, obwohl sie jeder mit offenen Augen wahrnehmen konnte“, erklärt Anetta Kahane, die Vorstandsvorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung. „Das hat sich mittlerweile geändert“, stellt sie fest. Und tatsächlich kann inzwischen von einem gesellschaftlichen Konsens gesprochen werden, dass der Rechtsextremismus ein großes Problem und eine Gefahr für die Demokratie darstellt. An dieser Entwicklung hat die Amadeu Antonio Stiftung einen nicht unerheblichen Anteil. Seit 1998 setzt sie sich dafür ein, eine klare Ablehnung des Rechtsextremismus in der Öffentlichkeit zu erreichen und die bürgerliche Gesellschaft zu aktivieren.

In den letzten 12 Jahren hat die Stiftung 403 Projekte und Initiativen mit über 3 Millionen Euro gefördert. „Wir haben viele Menschen einbezogen und andere erreicht, wir haben den Ämtern auf die Füße getreten und Verwaltungen überzeugt. Wir haben Aussteigern einen Weg gezeigt und Opfer unterstützt. Wir haben Häuser aus- und so einige nach Anschlägen wiederaufgebaut. Wir haben Nazi-Demonstrationen blockiert und Menschen nach Gewalttaten den Umzug bezahlt. Wir haben sehr viel Zeit in Gremien verbracht, aufgepasst und das Wort ergriffen“, so fasst Anetta Kahane das Engagement der Stiftung zusammen und erklärt, „dass es leider immer noch viel zu viel zu tun gibt“. Auch wenn das Problembewusstsein gestiegen ist, so ist nach wie vor in den neuen Bundesländern eine rechtsextreme Alltagskultur verankert, und auch im Westen nehmen rechtsextreme Aktivitäten zu.

Ein wichtiger Schwerpunkt im Kampf gegen den Rechtsextremismus sind die Förderung einer alternativen Jugendkultur und die Aufklärung in Schulen und Jugendeinrichtungen. Die Stiftung finanziert „Rock gegen rechts“-Konzerte, bezieht bekannte Musiker mit ein, bildet LehrerInnen fort und klärt Schüler über rechte Modemarken wie etwa Thor Steinar auf.

Die Stiftung belässt es jedoch nicht dabei, nur mit Geld zu unterstützen, sondern sie berät die geförderten Projekte auch. Besonders wichtig ist es ihr, die Eigeninitiative und die Vernetzung vor Ort zu stärken. Darüber hinaus wird die Stiftung auch selbst aktiv und initiiert Kampagnen und Projekte.

Eines der bekanntesten und erfolgreichsten Projekte, die von der Stiftung ins Leben gerufen wurde, ist Exit-Deutschland. Ein Ausstiegsprogramm für aktive Neonazis. Über 250 „Kameraden“ konnten sich mithilfe von Exit bis 2007 aus der rechten Szene lösen. Nur 7 von ihnen wurden rückfällig.

Eine weitere wichtige Kampagne in der Geschichte der Stiftung war der Start der Aktion „Mut gegen rechte Gewalt“. Die Aktion wurde im Jahre 2000 zusammen mit dem Magazin Stern ins Leben gerufen und verhalf der Stiftung so zu einer breiteren Öffentlichkeit. Bei ihrer Arbeit geht es der Amadeu Antonio Stiftung aber nicht nur um große medienwirksame Kampagnen, vor allem kleine Projekte und Initiativen vor Ort werden unterstützt. Das sei besonders wichtig, „weil die Bundesprogramme die kleinen Initiativen gegen rechts nicht mehr erreichen“, erklärt Anetta Kahane. Zweimal im Jahr wird entschieden, welche Projekte gefördert werden. Wenn es mal schneller gehen muss, ist die Stiftung flexibel. Bei kleineren Projekten kann auch mal kurzfristig und unkompliziert geholfen werden.

„Wir haben Aussteigern einen Weg gezeigt und Opfer unterstützt“

ANETTA KAHANE

Ein gutes Beispiel für die Arbeit vor Ort stellt die Kampagne „Kein Ort für Neonazis in Thüringen“ dar. Hier hat die Stiftung letztes Jahr gezielt versucht, Projekte und Initiativen mit einer „Miniförderung“ zu aktivieren und damit eine zivilgesellschaftliche Bewegung zu initiieren. „Das war sehr erfolgreich“, weiß Anetta Kahane zu berichten. Und weil die Kampagne so erfolgreich war, ist nun Ähnliches für Mecklenburg-Vorpommern geplant. Dort stehen im Herbst 2011 Landtagswahlen an, und der Wiedereinzug der NPD soll verhindert werden. „Gerade im ländlichen Raum sind die großen Parteien kaum sichtbar“, berichtet Anetta Kahane. Die würden sich auf die großen Städte konzentrieren und den ländlichen Raum der NPD überlassen. Im ländlichen Mecklenburg-Vorpommern sollen nun im kommenden Jahr statt Plakate von der NPD besonders viele Plakate mit der Aufschrift „Kein Ort für Neonazis“ zu lesen sein.

Für ihre Arbeit ist die Stiftung fortlaufend auf Spenden angewiesen. „Den größten Beitrag machen dabei Klein- und Kleinstspenden aus“, erklärt Kahane. Aber auch ehrenamtliche Unterstützung sei wichtig, denn: „Ohne die vielen freiwilligen Helfer und Helferinnen könnte die Stiftung nicht so erfolgreich arbeiten.“ Menschen, die sich ebenfalls mutig gegen Rechtsextremismus einsetzen möchten, sind daher immer herzlich willkommen. JAL

■ Im Netz:

amadeu-antonio-stiftung.de