„Die Kunden werden kritischer“

Thomas Bieler von der Verbraucherzentrale NRW sieht in der Kundennähe der Sparkassen ihr größtes Plus

taz: Es sieht so aus, als wären die Zeit der öffentlich-rechtlichen Sparkassen vorbei. Welche Folgen hätte das?

Thomas Bieler: Im Moment kann man darüber nur spekulieren. Für viele sind die Sparkassen die nächsten Ansprechpartner, sie haben eine starke Verankerung. Die Kundennähe der Sparkasse ist oftmals größer, besonders bei den kleineren Kunden, als das bei den Geschäftsbanken der Fall ist.

Anders als Geschäftsbanken sind Sparkassen auch dazu verpflichtet, jedem ein Giro-Konto einzurichten. Wird dies tatsächlich gemacht?

Das ist sehr unterschiedlich. Wenn Leute ein Problem haben und wir nachhaken, dann richten die Sparkassen schon die Konten ein. Allerdings: Es ist nicht nachvollziehbar, warum alleine die Sparkassen dafür zu sorgen haben, dass die Leute ein Konto bekommen. Da sehen wir alle anderen Banken genauso in der Pflicht.

Würde sich die Situation der Kontenvergabe verschärfen, wenn sich mittel- oder langfristig auch Privatbanken an Sparkassen beteiligt sind?

Das denke ich schon. Wir hätten dann ja konsequenterweise auch kein Sparkassengesetz mehr, das irgendwelche Rahmenbedingungen schafft. Dann wäre die Sparkasse ein ganz normales privatrechtliches Unternehmen und nicht mehr dazu verpflichtet – und könnte auch nicht verpflichtet werden, weil es keine öffentlich-rechtliche Sonderstellung mehr hat.

Die Sparkassen sind oft Kreditgeber für kleine Unternehmen. Welche Probleme entstehen, wenn Sparkassen privatisiert würden?

Den Mittelstand mit Krediten zu versorgen ist eine der Aufgaben, die den Sparkassen durch das Sparkassengesetz vorgeschrieben ist. Da haben die Sparkassen natürlich eine starke Position. Es kann durchaus sein, dass die Kreditvergabe bei einer Großbank deutlich rigider gehandhabt wird als bei einer Sparkasse, die den Kunde vor Ort im Zweifel sogar kennt. Diese Gefahr besteht durchaus.

Haben die Kunden ein Bewusstsein dafür, wo sie ihr Geld anlegen?

Ob vielen Kunden bewusst ist, wo der Unterschied zwischen einer Deutschen- und einer Volksbank ist oder dass sie die öffentlich-rechtliche Sonderstellung der Sparkasse erklären könnten, möchte ich durchaus bezweifeln. In den letzten Jahren gibt es aber glücklicherweise die Tendenz, dass die Kunden kritischer werden – auch gegenüber dem Sparkassenangebot.

INTERVIEW: STEPHAN GROßE