: Bei den Ego-Shootern
WERK Mit dem Film über Army-Trainingscenter beginnt die Harun-Farocki-Reihe (Sa., 23.05 Uhr, „Ernste Spiele“)
Harun Farocki ist der unbekannteste weltbekannte deutsche Filmemacher. Seinen Namen kann man regelmäßig in den Abspännen der Filme von Christian Petzold lesen, und wenn man in einer x-beliebigen Buchhandlung in Buenos Aires einmal exemplarisch nach Büchern zu deutschen Filmschaffenden guckt, dann findet man dort nicht Sönke Wortmann oder Til Schweiger, sondern Harun Farocki: Hinterfrager, Kompilierer, Essayfilmer. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen hat über die Jahrzehnte viele seiner Filme finanziert, doch auf eine ihm gewidmete Folge der ARD-Porträtreihe „Deutschland, deine Künstler“ wird er lange warten können. So wird sein 70. Geburtstag immerhin auf 3Sat begangen, mit acht Farocki-Filmen am Wochenende. Los geht es Samstagabend mit „Ernste Spiele“.
Die Debatte über den exzessiven Einsatz von Drohnen, das Verwischen der Grenze zwischen realem Krieg und Videospiel. Harun Farocki hatte – bemerkenswerterweise – 2009 die Gelegenheit, bei der US-Army in Fort Lewis bei Seattle zu drehen, wo die Amerikaner ein modernes Trainingscenter für Soldaten betreiben. Ego-Shooter statt Full Metal Jacket. Die Einsätze im Irak und in Afghanistan werden hier taktisch vor- und psychologisch nachbereitet. Mit den ästhetischen Mitteln des Videospiels. Der Unterschied ist nur, dass die Bilder zur Nachbereitung schattenlos sind, weil das billiger ist.
Immersionsmethode: Ein Soldat muss per Cyberbrille und unter Anleitung einer Psychologin immer wieder die Situation durchspielen, in der sein Kamerad zerfetzt wurde. Er hält es nicht länger aus, bittet um eine Pause, will aufhören. Er hält durch, soll dann von vorne anfangen. Er fleht ums Beenden; sie will, dass es weitergeht.
Und dann bricht sie doch ab. Applaus. Alles nur gespielt. Es ging darum, eine neue Software vorzuführen. JENS MÜLLER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen