LESERINNENBRIEFE
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Wie wollen wir sterben?

■ betr.: „Wie dürfen wir sterben?“, taz vom 7. 1. 14

Es ist sehr traurig, was da in Bezug auf die Sterbehilfe passiert. Wie so oft, kommen Politiker*innen nicht auf die Idee, mit Betroffenen oder Angehörigen zu reden. Unsere Gesellschaft krankt schon an der Auseinandersetzung mit dem Tod, und die Debatte über die Sterbehilfe ist da vielleicht nur logische Konsequenz. Ein Freund ist vor Kurzem an einem Hirntumor gestorben. Er hatte sich dazu entschlossen, den Verlauf der Erkrankung ihren Weg gehen zu lassen und keinen Suizid zu begehen oder jemanden um Sterbehilfe zu bitten. Aber er hat darüber nachgedacht und auch offen darüber gesprochen.

Ich würde gerne wissen, wie viele kranke Menschen an Sterbehilfe denken und durch die Gesetzgebung an der Ausführung gehindert werden. Und wie wurde es in früheren Jahrhunderten und in anderen Kulturen gehandhabt? Ich wünsche jeder/jedem Betroffenen (seinen Angehörigen und mir vielleicht irgendwann selbst), frei in ihrer/seiner Entscheidung sein zu dürfen. Denn wie wollen wir sterben? In Freiheit, nicht gefangen in einem von Leid verzehrten Körper und Geist. LYN SCHÜTZE, Berlin

Gegenleistung anbieten

■ betr.: „Wie dürfen wir sterben?“, taz vom 7. 1. 14

Ich schlage unserem lieben Christen und Bundesgesundheitsminister Gröhe Folgendes vor: Ärzte sollten auf Wunsch eines todessehnsüchtigen Menschen diesem ein todbringendes Medikament verschreiben dürfen – und zwar unabhängig davon, ob dieser krank oder gesund ist. Somit wäre dieser in der Lage, sein Leben auf verhältnismäßig angenehme, jedenfalls nicht qualvolle Art zu beenden. Ich persönlich würde mich unter solcher Bedingung zur Organspende bereit erklären. Ich meine, die Politik sollte nicht immer nur Organspender-Pässe andienen, sondern dem Bürger auch eine Gegenleistung anbieten, eben zum Beispiel in Form der problemlosen Legalität eines selbstbestimmten Freitods mittels eines verschreibungspflichtigen Medikaments. ISELIN BOIT, Berlin

Gängige Diskreditierung

■ betr.: „Wie dürfen wir sterben?“, taz vom 7. 1. 14

Auf der ganzen Seite 3 findet sich eine einzige positive Äußerung zum begleiteten Suizid. Dass im Kasten aktive Sterbehilfe in einem Zug mit begleitetem Suizid genannt wird, passt zu dessen gängiger Diskreditierung. Übrigens: Hatte Wolfgang Herrndorf einen Waffenschein? Wenn diese Methode weniger verrucht erscheint als die ärztlich begleitete, sollte man Interessenten wenigstens Tipps zum Erwerb illegaler Waffen vermitteln. Oder bleibt das nur Promis vorbehalten? HANS REISSINGER, Dudenhofen

Mal schnell sich erschießen

■ betr: „Vorstoß auf vermintem Gelände“, taz vom 7. 1. 14

Als Antrieb für Selbsttötungen zeigt sich auch bei Wolfgang Herrndorf Angst vorm vorgestellten Leben, vorm imaginierten Altern, vorm Invalidentum, Angst vorm „langen“ Sterben, besonders im Krankenhaus, vorm gefühlten Ausgeliefertsein in Krankheit, vor gefühltem Verlust der empfundenen Selbstkontrolle … Angst vor den pervertierten Ergebnissen unserer an materieller Leistung, Lust- und Geldgewinnmaximierung orientierten Lebensweise und „Gesundheitsindustrie“! Die Portion Egoismus dabei, im Sinne von „ich kann und will alles alleine leisten“ – sogar den Todeszeitpunkt bestimmen – und bitte kein soziales Leben, auch nicht im Sterben.

Zu diesen Fehlentwicklungen gehört auch eine geschäftsmäßig betriebene Selbstmordhilfe, egal ob per bezahltem „Medikament“ (lat. Heilmittel) vom Arzt oder diesen „Sterbehilfe“-, sprich Mordbeihilfeorganisationen. Des Weiteren, wer nicht mehr leben will, stirbt. Doch es wird ja das „einfache“, scheinbar schnelle und schmerzfreie Sterben gewünscht, unter Drogen oder, wie im Film, mal schnell sich erschießen. Wie oft, wenn wir uns im Leben „von außen“ Gedanken machen über das „Danach“, vermutlich ein massives Fehlurteil. Laut Psychologen und Neurologen ist eine schmerzhafte, reguläre Geburt ohne OP und Anästhesie eine tiefe und für viele Bereiche wichtige Erfahrung, warum soll das beim Sterben anders sein? Ich freue mich darauf! HENDRIK FLÖTING, Berlin

Erwartungen wurden enttäuscht

■ betr.: „Da hilft nur noch Joschka“, taz vom 4. 1. 14

Wie schafft man ein Comeback? Impossible, ist die Antwort. Das Menetekel dieser verirrten Tunnel-Grünen wird sich 2014 fortsetzen. Ein neues Phänomen im Zusammenhang mit S21 ist zu konstatieren: Die wöchentliche Montagsdemo gegen S21 soll amtlich verboten werden. Man will sie verlagern vom Ort des Geschehens in Stuttgart auf die Schwäbische Alb! Da findet das Unheil nicht statt. Politische Entscheidungen dürfen nicht mehr in der wahrnehmbaren Kritik stehen, das Demonstrationsrecht wird beseitigt und das Verbot soll herhalten wegen angeblicher Belästigung und Behinderung im Straßenverkehr. In Wirklichkeit aber soll der wöchentliche Protest gegen die offen gelegten Machenschaften von Politikern, Wirtschafts- und Industrieverbänden unterbunden werden, das verlogenste Projekt in der Bundesrepublik unter Grün-Rot. MP Kretschmann und OB Kuhn haben vergessen, was sie der Bürgerbewegung zu verdanken, ja welche Erwartungen und Hoffnungen sie enttäuscht haben. So mancher Komet in der politischen Sphäre ist schon für immer untergetaucht und weitere werden folgen. JOSEF DIRKSMANN, Lorch