Neue Zeugen gegen Wulff

EX-BUNDESPRÄSIDENT Die Staatsanwaltschaft gibt nicht auf und fordert weitere Zeugen im Korruptionsprozess vor dem Landgericht Hannover

Die Staatsanwaltschaft ist im Korruptionsprozess gegen Exbundespräsident Christian Wulff vor dem Landgericht Hannover offenbar aufgewacht. Weitgehend passiv hatten die Ankläger Anna Tafelski und Clemens Eimterbäumer die Verhandlungstage bisher verfolgt, hakten bei Zeugenbefragungen meist gar nicht erst nach.

Am Donnerstag aber stellten sie gleich neun neue Beweisanträge: Die Staatsanwälte wollen weitere Zeugen vorladen, darunter auch Wulffs Exsprecher Olaf Glaeseker. Ein Vorstoß, der das Gericht sichtlich verärgert: Der Vorsitzende Richter Frank Rosenow fiel Eimterbäumer schon bei der Einleitung der Beweisanträge ins Wort und mahnte den Staatsanwalt zur Eile, „damit wir hier überhaupt weiterkommen“. Denn eigentlich will Rosenow den ursprünglich bis April angesetzten Prozess noch im Januar vorzeitig beenden. Die Annahme eines Vorteils, wegen der Wulff angeklagt ist, könne nicht nachgewiesen werden, verkündete Rosenow vor Weihnachten.

Dass der wegen Vorteilsgewährung mitangeklagte Filmunternehmer David Groenewold bei einem Oktoberfestbesuch 2008 Kosten für Hotel und Kindermädchen übernommen hat, hätte Wulff nicht mitbekommen müssen, so das Gericht nach über 20 Zeugenvernehmungen. Für die Staatsanwaltschaft dagegen ist die „weitere Sachverhaltsaufklärung unerlässlich“.

Sie will weitere Dokumente verlesen lassen, die belegen sollen, dass Wulff im Gegenzug für den Oktoberfestbesuch bei Siemens um Sponsoring für ein Filmprojekt von Groenewold warb. Und auch die Vernehmung weiterer Zeugen wie Wulffs Exvertrauten Glaeseker solle nachweisen, „auf welche Weise Wulff den Wünschen Groenewolds gefolgt ist“. Glaeseker hatte im Wulff-Verfahren bislang die Aussage verweigert, um sich nicht selbst zu belasten – er ist in einem weiteren Prozess selbst angeklagt. Seit 2014 sind mögliche Vorwürfe gegen ihn im Zusammenhang mit dem strittigen Oktoberfestbesuch aber verjährt.

Nach mehrstündiger Beratung gab das Gericht dem Antrag noch am Donnerstag statt: Olaf Glaeseker soll bereits am nächsten Verhandlungstag kommende Woche aussagen. Voraussichtlich am 10. Februar werden sich Wulff und Glaeseker, die sich schon 2012 im Zuge der Privatkredit- und Gratisurlaub-Affäre überworfen haben sollen, wieder vor Gericht begegnen. Dann tritt Wulff im Prozess gegen seinen Exsprecher als Zeuge auf. THA