Die gespaltene Opposition

CDU Mit der denkbar knappen Wahl von Karl-Josef Laumann zum Fraktionschef schieben die Christdemokraten den Neuanfang erst einmal auf

Jürgen Rüttgers sprach von einem Zeichen der Geschlossenheit. War es Satire?

BERLIN taz | Gerade acht Wochen lang hielt der gute Vorsatz. Jetzt bloß keine Spaltung der Landespartei, sagten führende Christdemokraten nach der Niederlage bei der Landtagswahl am 9. Mai übereinstimmend. Selbst die schlichten Vokabeln „Rheinland“ und „Westfalen“ galten als tabu, hatte der erst 1986 fusionierte Landesverband doch lange genug unter Flügelkämpfen zu leiden gehabt.

Nun haben die 67 Landtagsabgeordneten der CDU bei der ersten Personalentscheidung genau dies getan: Sie haben bei der Wahl des neuen Fraktionsvorsitzenden am Mittwoch demonstriert, dass sie nach dem Rückzug von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers tief gespalten sind. 34 Parlamentarier stimmten für Karl-Josef Laumann, den bisherigen Arbeitsminister und Vertreter des ländlichen, sozialkonservativen Flügels. 32 Abgeordnete hätten lieber Armin Laschet auf dem Posten gesehen, den scheidenden Integrationsminister und Exponenten des urbanen, liberalen Milieus. Ein Wahlberechtigter enthielt sich.

Rüttgers wertete das denkbar knappe Ergebnis als „Zeichen der Geschlossenheit“. War es Satire? Oder wollte Rüttgers nur seiner Genugtuung Ausdruck verleihen, dass die Fraktion mit der Wahl Laumanns ein Zeichen der Kontinuität setzte und auf einen Neuanfang vorerst verzichtete?

Für dienordrhein-westfälische CDU hat die Wahl vom Mittwoch keine Probleme gelöst, sondern eher neue geschaffen. Weiter offen bleibt, wer auf dem Landesparteitag im kommenden Frühjahr zum Parteivorsitzenden in NRW gewählt wird. Als mögliche Aspiranten gelten Generalsekretär Andreas Krautscheid und Bundesumweltminister Norbert Röttgen. Beide konkurrierten zuletzt um den Vorsitz des Parteibezirks Mittelrhein, damals siegte Röttgen mit einer Stimme Mehrheit.

Röttgen dürfte jedoch bei einer Neuwahl des Landtages wenig Neigung verspüren, als Spitzenkandidat anzutreten und damit seine Berliner Ambitionen aufzugeben. Auch gilt der medienscheue Laumann nicht als idealer Frontmann, so dass bei einem solchen Personaltableau ein Dritter die Kampagne führen müsste. Die Frage, wer im November Rüttgers’ Posten als stellvertretender Bundesvorsitzender einnimmt, bleibt vorerst ebenfalls offen.

Auch bei den Christdemokraten setzt sich jedoch langsam die Einsicht durch, dass die rot-grüne Minderheitsregierung nicht so instabil sein könnte wie zunächst erhofft. Zum einen fehlt der designierten Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und ihrer grünen Kollegin Sylvia Löhrmann nur eine einzige Stimme zur absoluten Mehrheit, zum anderen wird auch in der CDU nicht ausgeschlossen, dass sich die FDP im Herbst dazugesellen und ein Ampelbündnis bilden könnte. Auch mussten die Christdemokraten zur Kenntnis nehmen, dass das Experiment von der überregionalen Öffentlichkeit eher freundlich aufgenommen wurde. Womöglich bleibt der CDU für die personelle Neuaufstellung noch ein wenig Zeit. RAB