Fehlerdiagnose durch Lernserver

Schreiben lernen ist für viele Kinder ein Kreuz – bei der Diagnose der Schreibschwächen und der Zusammenstellung individuell abgestimmter Übungsmappen hilft jetzt der Lernserver der Uni Münster. Bremen testet das Instrument im großen Stil und könnte es flächendeckend einführen

„Das könnte die Antwort auf die Nöte unseres Förderunterrichtes sein“, freut sich Sabine Mühe. Die Bremer Lehrerin arbeitet an einer Grundschule in Achim und weiß, wie viele Fehler Kinder in einem Wort unterbringen können. Sie hat unüberschaubar viele Arbeitsblätter im Schrank und sehr viele Kinder, um die sie sich kümmern muss.

Und dann lernte sie vor einigen Monaten das Projekt „Lernserver“ von der Uni Münster und das Team um Professor Friedrich Schönweiss kennen. Seitdem macht sie ungezählte Überstunden, denn der „Lernserver“ von Schönweiss hat sie angesteckt. Er basiert auf einem schlichten Gedanken: Ein Computer ist mit den Tests und Fehlermöglichkeiten von 30.000 Kindern, die die deutsche Schriftsprache lernen sollen, gefüttert worden. Und mit den Erfahrungen von Pädagogen, die sich um diese Kinder kümmern.

Inzwischen hat der Lernserver 6.000 Arbeitsbögen. „Pädagogisch feinfühlige Arbeitsblätter“, wie Sabine Mühe sagt. Das fängt oben rechts damit an, dass die Kinder nach ihrer Tagesform gefragt werden: „Ich fühle mich heute sehr gut – schlecht – geht so“ und so weiter. Nun muss der Computer nur noch Schwierigkeiten eines Schulkindes mit dem gespeicherten Wissen vergleichen. Das Programm „Lernserver“ kann das: Die Lehrerin trägt die falsch geschriebenen Worte eines Kindes ein, der Computer spuckt postwendend Arbeitsblätter aus, mit denen das Kind ein Jahr lang weiter kommen kann. Auch einzelne Eltern können sich an Lernserver wenden, dann kostet das individualisierte Arbeitsprogramm auf der CD 30 Euro.

Sabine Mühe will das Konzept für ihre ganze Schule anwenden, so begeistert ist sie davon. So genau und so differenziert für jedes einzelne Kind kann eine Lehrerin die Fehler gar nicht analysieren, sagt sie. Insbesondere, wenn verschiedene Fehlerteufel zusammen kommen – Wahrnehmungsfehler, Regelfehler und andere – dann spuckt der Computer differenzierte Hilfen aus, die jede einzelne Schwäche ernst nehmen. Diese „Feinanalyse“ können LehrerInnen selten leisten, gesteht Mühe, weil soviel Zeit einfach nicht ist. Und die Arbeitsblätter motivieren die Kinder, selbst an ihren Schwierigkeiten zu arbeiten. „Ich bin begeistert“, sagt die Lehrerin nach einem halben Jahr Praxis mit dem „Lernserver“.

Irgendwann ist sie auf Anne Rose getroffen, eine gelernte Lehrerin, die sich an der Uni Bremen auch wissenschaftlich mit dem Problem der Schreibschwächen befasst und das Konzept Lernsoftware dem Bremer Bildungssenator nahe gebracht hat. „Wir wollen eine Lizenz für das ganze Land Bremen“, sagt Anne Rose. Alle Kinder der dritten bis zur sechsten Klasse sollten mit dem Programm aus Münster „getestet“ werden und ihr persönliches Paket an Förder-Arbeitsblättern bekommen. Bildungssenator Willi Lemke war diese Woche dabei, als das Projekt vorgestellt wurde. Mit 4.000 Bremer Schülern der Jahrgänge drei bis sechs aus 16 Bremer Schulen wird der Test gerade erprobt. Sogar in einem Elitegymnasium in Münster wurde erheblicher Förderbedarf festgestellt, sagt Philipp Klein, Mitarbeiter bei Schönweiss. Auch Kindern ohne besondere Probleme wird geholfen. Denn: Dass „kam“ nicht wie „lahm“ und „nahm“ nicht wie „Name“ geschrieben wird, ist nun mal niemandem in die Wiege gelegt.KLAUS WOLSCHNER

Kontakt: www.lernserver.de