LESERINNENBRIEFE
: Lockruf der Wirtschaft

EUROS, EUROS Der frühere Kanzleramtschef Ronald Pofalla will jetzt viel Geld im Vorstand der Deutschen Bahn verdienen. Die Selbstbedienungsmentalität von Politikern finden die taz-LeserInnen mehr als anrüchig. Sie steuern aber auch ein paar kreative Ideen bei

Aus der Portokasse

■ betr.: „Grünes Signal für Ronald Pofalla“, taz vom 8. 1. 14

In einem Interview im Deutschlandfunk zu diesem Thema zeigte sich Heiner Geißler (Vorsitzender der sogenannten Schlichtung von Stuttgart 21) gestern verständig und großzügig, als er sinngemäß sagte, dass es auf die eine oder andere Million nicht ankäme, wenn man im DB-Vorstand noch jemanden brauchen könne. Diese Haltung ist gut nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass es dem Vorstand bei Stuttgart 21 ja auch nicht auf die eine oder andere Milliarde ankommt, weil, wie Projektsprecher Wolfgang Dietrich am 20. 6. 13 in der Südwest Presse meinte: „Wir bauen so oder so und versuchen nachträglich, das Geld zurückzuholen.“ Wer so mit öffentlichen Geldern umgeht, bezahlt einen Pofalla aus der Portokasse.

MANUELA KUNKEL, Stuttgart

Es war der Pofalla

■ betr.: „Ein Mann, der weiß, was sich gehört“, taz vom 6. 1. 14

Ronald Pofalla wechselt in den Bahnvorstand. Super! Etwas Besseres kann doch Herrn Grube als Vorstandsvorsitzender gar nicht passieren. Jetzt gibt es einen Grund für alles, was schiefläuft. ICEs sind immer verspätet – liegt an Pofalla. Netzentwicklung klappt nicht – Pofalla hat’s versiebt. Regionalverkehr und Güterverkehr sind unwirtschaftlich – mieses Konzept von Pofalla. Unbezahlbar der Mann. So kann man der Selbstbedienungsmentalität unserer Leistungsträger und politischen Elite noch etwas Positives abgewinnen. Das nenne ich mal eine Anschlussverwendung!

WOLFGANG SIEDLER, Langenhagen

Der Familienmann

■ betr.: „Ein Mann, der weiß, was sich gehört“, taz vom 6. 1. 14

Bei aller Kritik an Herrn Pofalla, genauer seinem voraussichtlichen Einstieg in den Vorstand der Deutschen Bahn, gerät völlig aus dem Blick, welcher Fortschritt für Geschlechtergerechtigkeit sich hinter diesem Angebot verbirgt.

Noch vor einigen Jahren wäre es völlig undenkbar gewesen, dass einem Menschen, der öffentlich verkündet hat, sich gänzlich seiner Familie, seinem Privatleben widmen zu wollen, eine derart verantwortungsvolle Tätigkeit angeboten worden wäre. Im Gegenteil. Jede Person, die unter dem Verdacht stand, Familienaufgaben erledigen zu müssen, galt als unzumutbares Risiko für eine Erwerbstätigkeit – allerdings mit der Einschränkung, dass es sich dabei um eine weibliche Person handelte. Solche Vorurteile hat die Deutsche Bahn nun ausgehebelt, indem sie offenbar gedenkt, einen engagierten Familienmenschen in den Vorstand zu holen.

Auch ein anderes Vorurteil wird hier ausgeräumt: Waren es doch bislang Frauen, denen nachgesagt wurde, dass sie das Multitasking weit besser beherrschen als das starke Geschlecht, so traut die Deutsche Bahn Herrn Pofalla nicht nur die Vorstandstätigkeit und die gleichzeitige Ausübung seines Bundestagsmandats zu, sondern eben auch Familienaufgaben und ein zeitlich angemessenes Privatleben. Von Dreifach- oder gar Vierfachbelastung keine Rede.

Danke, Deutsche Bahn, dafür, dass in diesem Fall alte Zöpfe abgeschnitten und mehr Geschlechtergerechtigkeit praktiziert werden könnten. Nun ist es an Herrn Pofalla zu zeigen, dass er die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllt. Sollte er ablehnen, kann die Bahn sich nach einer Frau umsehen, die mit Doppelbelastung Erfahrung aufweist. Das wäre aber deutlich die schlechtere Lösung. URSULA G. T. MÜLLER, Kiel

REGIEREN

■ betr.: „Ein Mann, der weiß, was sich gehört“, taz vom 6. 1. 14

Bei der Gesamtbetrachtung des Themas und aller so handelnden Politiker wie zum Beispiel Pofalla, Schröder etc. bekommt der Ausdruck „reGIERen“ einen ganz neuen Aspekt.

ROLF ULLRICH, Gehrden

Leidtragende

■ betr.: „Die Neidtragenden schlagen zurück“, taz.de vom 7. 1. 14

Ich denke, die oft gebrachte Behauptung, es handele sich um Neid seitens der Bürger, lässt sich leicht widerlegen: Ich bin mir ziemlich sicher, dass die große Mehrheit der Menschen im Lande keinem Universitätsprofessor, keinem Chefarzt in der Klinik und keinem Direktor eines wissenschaftlichen Institutes usw. ihr wohlverdientes Einkommen streitig machen würden. Die Menschen anerkennen exzellente Leistung. Leistung für das Gemeinwohl.

In der Politik ist es jedoch anders. Nicht selten ist die erbrachte Leistung zum Schaden der Mehrheit. Siehe die bekannten Großprojekte, die verpfuscht wurden. Sehr oft geht es nur um Macht und Eigennutz. Der Bürger ist oft genug Leidtragender der politischen Ränkespiele. Kurzum: Weshalb sollte der Bürger bereit sein, eine Leistung, die nach seinem Dafürhalten miserabel ist, mit einer hohen Vergütung zu belohnen?

Eurohasenbaer, taz.de

Gerechtigkeit!

■ betr.: „Die Neidtragenden schlagen zurück“, taz.de vom 7. 1. 14

Sehr schlechter Kommentar. Mit den Zeilen: „Man mag es kleinkariert finden, aber so kleinkariert sind Wähler, wenn sie selbst regelmäßig an einem schlecht bezahlten Arbeitsplatz erscheinen müssen“, revidieren Sie doch bereits Ihre Neidtheorie. Es geht nicht um Neid, es geht um Gerechtigkeit. Fördern und fordern sollte nicht nur für Otto Normalverbraucher gelten, sondern ebenso für die Kaste der Eliten. Teatime, taz.de