spielplätze (19)
: Lauter Frauen

Alle gucken Fußball. Wir auch. Bis zum Ende der WM berichten wir täglich live von den Berliner Spielplätzen. Heute: England – Portugal im „Eka“ am Helmholtzplatz.

Die Redaktion will, dass ich mit einer Frau zusammen Fußball gucke. Was die Redaktion will, will ich auch – zumal die Frau einen wunderbaren Namen hat: Paula Gouveia. Das Problem ist nur, dass ich – mal wieder! – nicht der Einzige bin. Die Leute stehen Schlange bei Paula, 33. Sie freut das sehr – nicht weil sie besonders eitel wäre, nein, weil sie davon lebt, dass Leute bei ihr Fußball gucken und dabei viel Beck’s, Sagres und Super Bock trinken. Paula Gouveia ist Portugiesin und zusammen mit ihrem griechischen Freund Wirtin der Wohnzimmer-Bar „Eka“ am Helmholtzplatz.

Der Grieche ist nicht da. Dafür ganz viele Portugiesen und vor allem -innen, die sich alle zu kennen scheinen. Zusammengedrängt sitzen sie mit einigen deutschen Sympathisanten auf Zwergenstühlen und -hockern, ein einziger portugiesischer Fanblock, und versperren den Weg zu Paula, die in einem weißrot gestreiften Overall barfuß auf dem rotlackierten Tresen thront. Im Fernsehen sagt Figo: „Wir wollen England schlagen, unbedingt und egal wie.“ Jubel. Dann tippt Jürgen Klopp auf ein 2:1 für Portugal. Noch mehr Jubel.

Auf Videotextseite 888 bietet das ZDF „die Nationalhymnen zum Mitsingen“ an. Eine von Paulas Freundinnen steht auf. Mit dem Rücken zur Wand, auf die das Fernsehbild projiziert wird, stimmt sie die portugiesische Hymne an und animiert ihre Landsleute zum Mitsingen. Um ihrer Aufforderung Nachdruck zu verleihen, wirbelt sie ihren dunkelroten Portugal-Schal durch die stickige Luft. Klare Sache: Hier geben die Frauen den Ton an. Während sie „Portugal!“ jubeln und „Forza!“ kreischen, murmeln die Jungs höchstens mal ein „Die sind nervös“ angesichts des stockenden Spiels ihrer Mannschaft. Paula trinkt Kaffee und stilles Wasser.

Sonst passiert nicht viel, deswegen können wir eigentlich auch vorspulen: Halbzeit, alle an die frische Luft und/oder die Bar, kein Rankommen an Paula, die ausschenkt; 52. Minute: Beckham geht – das Eka applaudiert; Beckham leidet – das Eka spendet eine Runde Mitleid; nach 90 Minuten immer noch 0:0; Nachspielzeit: mehr Action, aber kein Tor.

Während des Elfmeterschießens gleicht sich Paula Gouveias Gesichtsfarbe allmählich der Farbe des roten Tresens an. Ihre Hände hat sie zur Faust geballt. Als Viana nur den Pfosten trifft, sieht sie plötzlich sehr traurig aus – als Petit verschießt, noch trauriger. Dann hält der portugiesische Torwart. Alles ist wieder offen. Die Menge skandiert: „RI-CAR-DO!!!“ Ricardo hält gegen Garragher. Und dann schießt Cristiano Ronaldo die Portugiesen ins Halbfinale. Paulas Freundinnen fallen sich in die Arme und kreischen weiter. Eine Bierdusche geht auf die Gäste nieder – am Geruch lässt sich nicht erkennen, ob es deutsches oder portugiesisches Bier regnet.

Endlich kann ich mit Paula reden, aber nicht lange – die Freude, die Freundinnen, und außerdem muss sie ja arbeiten: Haben die portugiesischen Frauen mehr Feuer als die Männer? Paula druckst kurz rum und sagt dann: „Die Frauen können einfach besser schreien. Das schüchtert die Männer ein.“ DAVID DENK

Eka, Dunckerstraße 9. Alle Spiele live auf Steinwand. Eintritt frei