Bischöfe müssen weiter um Weltbild bangen

INSOLVENZ Runder Tisch verhandelt die Zukunft der katholischen Verlagsgruppe, 6.000 Jobs in Gefahr

BERLIN taz | Hoffnung für den zahlungsunfähigen Weltbild-Verlag: Nach Gesprächen mit Vertretern der Wirtschaftskammern, des Betriebsrats, der Gewerkschaft Ver.di und der Arbeitsagentur sieht Augsburgs Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) Chancen für eine Rettung. Man müsse jedoch die erste Analyse des Insolvenzverwalters abwarten. Weltbild hatte am Freitag Insolvenz anmelden müssen, da sich die Eigentümer auf eine bis zu 160 Millionen Euro teure Sanierung einigen konnten.

Schon 2011 hatten die zwölf deutschen Bistümer, der Verband der Diözesen Deutschlands sowie das katholische Militärbischofsamt Berlin angekündet, sich von ihrem Unternehmen trennen zu wollen. Weltbild vertreibe Bücher, die nicht mit den Auffassungen der Kirche vereinbar seien, hieß es. Der Zeitschriftenverlag Winfried-Werk GmbH war 1948 gegründet worden, um christliche Erbauungsliteratur zu vertreiben und auch zu verlegen. Der jetzige Geschäftsführer Carel Halff setzte diese Tradition zwar fort, verwandelte das Unternehmen aber zusehends in einen Versandhandel, der neben Büchern und Zeitschriften zeitweise auch Uhren oder Spielwaren anbot. Auch mit der Moral der Kirche kam man in Konflikt, immer wieder wurde deshalb versucht, erotische Literatur, aber auch schwule Bücher und linke politische Literatur aus dem Angebot zu verbannen.

Die Bischöfe stellten ihre Bedenken jedoch hinten an, solange die Gewinne ansehnlich blieben. Die mehr als 6.000 Mitarbeiter erwirtschafteten laut Handesblatt im Jahr 2012 immerhin einen Umsatz von 1,6 Milliarden Euro. Möglich wurde dies auch durch ein Joint Venture mit der Buchhandelskette Hugendubel, um unter diesem Dach gemeinsam Buchhandlungen zu betreiben und dem großen Konkurrenten Thalia zu trotzen. Aber Weltbild hatte seine Rechnung ohne den Internethandel, vor allem ohne Amazon, gemacht.

Potenzielle Käufer sahen offenbar schon 2011, dass Weltbild einen Totalumbau brauchte – und winkten ab, als die Bischöfe ihr Unternehmen loswerden wollten. Auch der Ausweg, das Unternehmen mitsamt seinem Finanzbedarf einer zu gründenden kirchlichen Stiftung zu überschreiben, wurde verworfen. Obwohl Banken an eine Sanierungsmöglichkeit glaubten, beschlossen die Bischöfe die Insolvenz, als die Kosten für eine Sanierung schließlich zu hoch wurden.

Betriebsrat und Ver.di kritisieren die Entscheidung zur Insolvenzanmeldung. Der Schritt stehe im diametralen Gegensatz zu den Grundprinzipien der katholischen Soziallehre und dem christlichen Gebot der Nächstenliebe: „Die Insolvenzanmeldung stinkt zum Himmel“, kritisiert der Augsburger Ver.di-Sprecher Thomas Gürlebeck. Die Beratungen am runden Tisch sollen in den kommenden Tagen fortgesetzt werden. JÖRG SUNDERMEIER